VÖ: 26.03.2021
Label: OMN Label Services
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8,5 / 10
Zwei Jahre ist es her, seit die Finnen Wheel ihr Debut Album „Moving Backwards“ herausgebracht haben. Wie bei so vielen, hat Covid-19 so einiges bei der Band durcheinandergebracht. Headliner Touren mussten abgesagt werden und auch das Schreiben neuer Songs bzw. deren Aufnahme gestaltete sich als schwierig. Hinzu kam noch eine Burnout-Situation von Sänger James Lascelles, was dazu führte, daß man zwei Jahre für das neue Album benötigte.
Jetzt kommt es heraus, heißt „Resident Human“ und zeigt Wheel erneut von ihrer komplexen, dennoch stimmungsvollen Progmetal Seite, die vielleicht ein klein wenig eingängiger geraten ist, als der Vorgänger. Lyrisch nehmen die Finnen erneut kein Blatt vor den Mund. Mal wird die Copy/Paste Generation von heute angeprangert („Ascend“), mal über Black Lives Matter sinniert („Movement“). Themen, die wie gemacht sind, für komplexere Strukturen und zum Nachdenken anregenden Stimmungswechseln.
Gleich drei Longtracks gibt es auf „Resident Human“, für Prog-Fans sicherlich nichts Ungewöhnliches. Der erste mit über 12 Minuten ist auch gleich der Opener „Dissipating“, der ruhig beginnt, aber umgehend mystische Bässe und Drums auffährt. Der Gesang von James Lascelles kommt melancholisch, teils berührend rüber. Die Intensität der Vocals ist nochmals einen Tacken gestiegen bei diesem Album. Natürlich gibt es einige Breaks, dem ruhige Momente gleichwohl harter Gitarrenriffs folgen. Unheimlich wuchtig präsentiert sich der Bass, nach flotter Passage klingt die Nummer mit ruhigen Gitarrenklängen aus. Gleich sehr anspruchsvoll dieser Opener.
Das ungleich kürzere „Movement“ ist dagegen eine durchgängig härtere Abfahrt mit modernen und vertrackten Progmetal Sounds. Drückende Drums und erneut intensiver Gesang setzen das brisante Thema des Songs sehr gut um. Auch „Ascend“ klingt sehr modern und komplex, liefert aber einen schönen hohen Gesang, der den verzwickten Rhythmen entgegensteht. Zum Ende hin wird die Stimme James Lascelles' aber immer rauher.
Der zweite Longrack ,„Hyperion“, der von der Science Fiction Reihe Hyperion Cantos von Dan Simmons inspiriert wurde, beginnt mit Kriegsgeräuschen, sehr atmosphärischen Gitarren und verklärtem Gesang. Neu-Gitarrist Jussi Turunen liefert in diesem Song sowohl begleitend als auch solierend eine fantastische Leistung ab, im Verlauf gar mit leicht orientalischen Spuren. Auf mehr Melodien setzt „Fuge“ mit latent mystischen Keyboards, flotteren Momenten und wunderbarem Gesang.
„Resident Human“, der Titelsong, ist dann der dritte und letzte Longtrack, gleichzeitig das Highlight des Albums. Unheilvoll beginnt's, Drums und Gitarre finden sich in elegischem Zusammenspiel. Überhaupt spielen die Drums auf diesem Dreher eine gewichtige Rolle. Zwischendurch wird das Stück zerrissener und ein Part mit hartem Gitarrenriff lässt Freunde moderner Progmetal-Kunst frohlocken. Der verzerrte Gesang zum Ende hin verdeutlicht den Schmerz, den uns dieser Song erleben lassen will. Starke Nummer.
Abschließend entlassen und Wheel mit „Old Earth“ durch ein zweiminütiges, ruhiges Piano-Instrumental aus dem Album.
Wheel sind mit „Resident Human“ noch mehr in den Prog(Metal) Bereich vorgedrungen. Die noch beim letzten Album ab und an vorhandenen Grunge Einflüsse sind völlig abhanden gekommen. Dafür hat man mehr stimmige Melodien eingebaut, was aber der Intensität des Songwritings und dessen Umsetzung keinen Abbruch tut. Die Band macht in eindrucksvoller Weise da weiter, wo das Debut aufgehört hat. Mit frischen Ideen und musikalischer Finesse. Aber....auch „Resident Human“ muß man sich erarbeiten und wahrscheinlich mehrmals hören, damit sich die Größe der Songs richtig entfaltet.