VÖ: 29.11.2014
Label: Supreme Chaos Records
Autor: Kerbinator
Bewertung: 9 / 10
Aus den Aschen der Black-Metal Formation Eis (auch mal unter dem Namen Geist unterwegs) haben sich die Herren KG Cypher (Vocals), Hedrykk (Gitarre) und Zyan (Gitarre) mit Android (Drums) und Doc Faruk (Synths) zusammengeschlossen, um nicht etwa erst einmal ein kleines erstes Lebenszeichen zu veröffentlichen. Nein, man wagt sich gleich an ein äußerst ambitioniertes Konzept namens „The Initial Frontier“ heran. Dieses Konzept, welches inhaltlich grob die ziellose Reise in den endlosen Weiten des Weltalls heranführt, wird in zwei Teilen präsentiert, wovon Teil 1 bereits 2013 erschienen ist, Teil 2 dagegen im Hier und Jetzt.
Fans der reinen Blackmetal-Lehre, die eher Stumpfheit und Primitivität bevorzugen, können gleich woanders weiterlesen. Diese werden an diesem Epos keine Freude haben und wahrscheinlich eher auf die Barrikaden gehen.
Die Promo-Info führt für Vyre Vergleiche mit Arcturus und Ulver heran. Nun, mit Arcturus (bedingt) kann ich leben, von Ulver kenne ich leider so gut wie nichts. Vielmehr würde ich neuere Bands, wie Stellar Master Elite heranziehen (siehe auch Review an anderer Stelle hier), welche in ähnlicher Art und Weise ambitioniert an ihre Musik herangehen.
Selbstverständlich beginnen wir mit Part 1:
Das Werk wird von einem noch nicht mal einminütigem Intro „Small Bang Theory“ eröffnet und nimmt uns im Titelstück gleich mit auf eine außergewöhnliche Science-Fiction Reise.
KG Cypher erinnert dann doch durch die gekeiften Vocals an manch gediegenere Black-Metal Band, passt aber hervorragend zu der extraterrestrischen Grundausrichtung des Konzepts.
Die Songs bewegen sich zwischen 8 und 12 Minuten, durch die spannende Inszenierung kommt aber zu keiner Zeit Langeweile auf. Dies ist Musik zum Anhören, nicht unbedingt für die Bühnen dieser Welt.
Musikalisch variiert man fast in jedem Song zwischen klirrender, galaktischer Kälte und Wärme und Schönheit interplanetarischen Lichts. Somit gibt es immer mal wieder stumpfes, blackmetallisches Gepolter zu hören, nur um im nächsten Moment mit einem wunderschönen Gitarrenthema zu leuchten.
Die Band lässt sich permanent kleine überraschende Zwischenparts einfallen, wie beispielsweise die Pianopassage in „Fragile Equilibrium“, bei welcher man meint, mitten in einer Bar zu sitzen und einem Singlemalt zu frönen. Oder auch die durch die Synths erzeugten Orchester-Bläser Parts in „Digital Dream“, welche die Erhabenheit des Songs noch zusätzlich aufwerten.
Als bestes Beispiel für Spannung und Atmosphäre sei „Coil of Pipes“ angeführt. Nach tollem, fast wehmütigem Gitarrenbeginn erfährt der Song durch derbes Geschredder und hektisches Gekeife eine überraschende Wendung, welche beinahe in Chaos ausufert und letztendlich in die verträumte Atmosphäre zurückfindet.
Im Abschluß gibt es bei „Miasma“ sogar noch reine Heavy Metal Parts zu hören, Vyre können auch dies hervorragend umsetzen.
Trotz der Länge der Songs und der doch erheblichen Länge des Albums (65 Minuten) weiß man zu jeder Zeit, das Tempo zu beschleunigen oder eben zu verlangsamen, um somit gar keine Längen aufkommen zu lassen. Die Songs strotzen allesamt vor epischer, düsterer Erhabenheit und machtvollen Sounds.
Meiner Meinung wurde in der Produktion nicht großartig rumgesampelt und überfrachtet, sondern großteils organisch aufgenommen. Dies zeigt das enorme Können der einzelnen Musiker und das Konzept kann man als songwriterisch gelungen und vorzüglich umgesetzt bewerten.
Somit gehen die 65 Minuten eigentlich viel zu schnell herum, aber es gibt ja glücklicherweise noch einen Teil 2.
VÖ: 05.12.2014
Label: Supreme Chaos Records
Autor: Kerbinator
Bewertung: 9 / 10
...und Part 2 legt ungleich metallischer los als Teil 1. Sehr gitarrenlastig, im Midtempobereich angesiedelt und härter lässt man zu Beginn etwas die Atmosphäre vermissen, aber in diesem knapp 10-Minüter bleibt dennoch genügend Raum für Soundwände, die teilweise cineastische Sphären erreichen. Ein trauriger Violinenpart und ein fantastisches Gitarrensolo ergänzen den Eindruck.
„Diabolum ex Machina“ ist mit zig Blackmetal-Themen bestückt. Fängt alles ziemlich düster, schleppend und unheimlich an, erhebt sich dann aber zur Raserei. Ein Monster-Riff von Weltklasseformat, welches mehrmals im Song erscheint, bringt zusätzliche Power in den gefährlichen, fast angsteinflößenden Teil des Albums.
Daß es insgesamt härter zugeht auf dem zweiten Teil beweist auch „RDR66“. Deutlich brutaler, schneller, heftiger. Dennoch als musikalische Einheit mit großem Drumgewitter nach vorne gepeitscht, verliert man nie den Konzeptanspruch aus den Augen.
Die Epik und Erhabenheit kommt zurück mit „For Carl“. Die ersten 2 Minuten wirken fast schon wie der Soundtrack zum Einzug der Götter, so mächtig, gitarren-fanfarisch dröhnt es aus den Boxen. Richtige Fanfaren folgen darauf in einer soundtrack-artigen Zwischensequenz. Als nach gut fünf der zehn Minuten immer noch kein Gesang eingesetzt hat, durfte man durchaus mal auf ein Instrumental spekulieren. Welches es dann im Endeffekt auch ist. Eine kleine, leichte Gitarrenmelodie, als Break eingearbeitet, lässt die letzen vier Minuten nochmals mit Gitarren-Epik und symphonischen Backgroundkeys erstrahlen. Irgendwie hat der Song, trotz fehlenden Gesang, etwas von einem Höhepunkt des Gesamtkonzepts.
Und dieses Konzept wird durch den „Neutronenstern“ blackmetallisch abgeschlossen. Nochmals lässt man die Zügel los, vermengt Raserei mit schleppenderen Passagen, irgendwie Immortal nicht unähnlich, vergißt aber nicht melodiöse Züge im Hintergrund. Die interstellare Reise wird mit deutschen Lyrics beendet.
Fazit: Vyre ist mit „The Initial Frontier“ ein Konzeptwerk gelungen, welches in dieser Art wohl seines Gleichen sucht. Die Plattenfirma versucht die Werbetrommel mit dem Begriff Avantgarde/Blackmetal zu rühren. Aber Vyre sind viel mehr. Natürlich könnte man als Basis blackmetallische Grundzüge nennen, aber gerade im Bereich der Gitarrenarbeit bietet die Band enormes . Der erste Teil erscheint mir etwas mehr Atmosphäre zu erzeugen. Ist auch nicht schlimm, führt dieser Teil doch in die Geschichte ein. Der zweite Teil ist düsterer, aggressiver, aber nicht weniger spannend.
Das ist Kunst, das ist Können, das ist mit das Interessanteste, was man im Bereich Konzepte in der letzten Zeit zu hören bekommen hat. Die Höchstnote wurde nur deshalb ganz knapp verfehlt, weil der zweite Teil im Vergleich zum ersten ganz leicht abfällt.
Es stellt sich nur die Frage, was will bei den Bielefeldern nach diesem Werk eigentlich noch kommen ?
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