VÖ: Januar 2016
Label: Eigenregie
Autor: Kerbinator
Bewertung: 9 / 10
Richard Sundstrom, Bassist und Gründer der schwedischen Rocker Vindra, hat mich vor kurzem gefragt, wie ich deren Musik bezeichnen würde. Zurückblickend auf die ein paar Jahre zurückliegenden Songs der Band, gab ich die Bezeichnung „atmosphärischer Rock mit Einflüssen von Prog und Rush“ anerkennend zurück. Richard antwortete, daß man heutzutage ein wenig Verschiebung im Sound hinzugefügt hätte. Im Hinblick auf das neue Album „Mournful Boy“ konnte einen diese Aussage nur interessiert zurücklassen.
Zu meiner Beruhigung stellte ich aber bereits beim ersten Hören des neuen Albums fest, daß sich nicht allzuviel geändert hat in den 11 neuen Songs. Der Rush-Anteil ist zwar deutlich zurückgeschraubt, aber melodisch, progressiv und atmosphärisch dicht sind die Tracks nach wie vor.
Sänger Cliff Ljung besitzt immer noch ein recht markantes, aber jederzeit melodisches und sicheres Stimmorgan, vergleichbar etwas mit Martin Wilson, dem ehemaligen Sänger von Grey Lady Down (falls die jemand kennt !). Der Eröffnungs-Titel „Shangri-La“ geht äußerst rockig und gitarrenorientiert los, bisschen mystisch unterlegt und mit einem tollen, etwas orientalisch anmutenden Gitarrensolo gesegnet.
Mit „Cold Eyes“ folgt dann auch schon der in meinen subjektiven Ohren beste Song. Toller Gesang, super Refrain, der recht balladesk gehalten ist und tatsächlich auch ein bisschen nach den bereits angesprochenen Grey Lady Down klingt. Was für ein Song, der mit jedem neuen Durchlauf wächst. Fantastisch und gänsehauterzeugend.
„In The End“ holt dann wieder die rockigere Kante raus mit spannenden Strophen-Aufbau. Mehrstimmiger Gesang leitet über extasischen Gesang bis hin zu hysterisch leidenden Phasen in ergreifende Wege. Gut gemacht ! Fällt aber im Vergleich zum folgenden „Dreamless“ ab. Hier herrschen elegische Gitarrenparts, träumerischer Gesang mit viel Echo vor. Mit zunehmender Länge nimmt der Song an Härte zu, wird rockiger und bietet bis zum Schluß eine fantastische Abwechslung zwischen Rock und Dreaming.
Da wirkt „In Life And Death“ dagegen fast einfach und hardrockig. Auch hier gibt’s, wie bei eigentlich jedem Song, einen klasse Refrain zu hören und tolle Wendungen im Song. Rein instrumental wird’s dann bei „In Depths of Vanadis“. Akkustik-Gitarren bringen einen spannenden Songaufbau zum Tragen. Toller, sehr progressiver Akkustik-Titel.
Auch „White Lie“ atmet viel Progressive Rock Luft. Fantastisch hier wieder Cliff's Gesang, Daniel Castman''s wunderschöne Gitarrenmelodien und der emotionale mehrstimmige Refrain. „Sacrifice“ mag's eher straight und rockig, bevor „Ghost Town“ nach ganz kurz unheimlichen Beginn entspannt progrockig loslegt.
Richtig hart lassen es Vindra bei „Distant Traveler“ krachen. Zwar bringt der recht hoch gesungene, melodische Refrain Harmonie, trotzdem handelt es sich hier um den weitaus härtesten Song des Albums. Aber auch diese Spielweise steht der Band gut.
Zum Abschluß beweisen Vindra dann mit „Escape Into Darkness“, wie verzaubernd ihre Musik ist. Atmosphärischer Start, sehr anmutiger Gesang, etwas melancholisch angeschlagene Gitarrenklänge...eine solch zauberhafte Atmosphäre lässt zumindest mich nicht kalt. Und das Twin-Gitarren-Solo zum Schluß ist auch nicht zu verachten.
„Mournful Boy“ ist ein Album mit welchem Vindra aus dem tristen Schattendasein, welches sie bisher fristen, heraustreten könnten, ja müssen. Zu gut sind die Kompositionen, die keinerlei Glanz und Zauber früherer Tage verloren haben. Nein, viel mehr bringen die Schweden heutzutage das ein oder andere frische Element in ihren Sound ein und sind partiell gar rockiger als früher unterwegs.
Auch Artwork und Aufmachung des Albums sind sehr stimmig. Somit darf eigentlich einem großen Schritt nach vorne nichts im Wege stehen. Ich jedenfalls glaube an Vindra. Und der Freund anspruchsvoller Rockmusik sollte das auch.
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