VÖ: 11.10.2019
Label: Frontiers Records
Autor: Kerbinator
Bewertung: 9,5 / 10
Nach der ausführlichen Umsetzung von Wolfgang Hohlbeins „Chroniken der Unsterblichen“ sowohl als Rockoper-Aufführung als auch durch die beiden Konzeptalben Chronicles of the Immortals: Netherworld (Path One) (2014) und (Path Two) (2017), geben sich die Kaiserslauterer Vanden Plas erneut in eine opulente Geschichte rund um den fiktiven Charakter Gideon Grave und vertonen diese in Form der Alben „The Ghost Xperiment“. Dem hier vorliegenden ersten Teil „Awakening“ soll dann im nächsten Jahr der zweite folgen.
Die Musical-u. Theatererfahrungen von Sänger Andy Kuntz machen sich auch mehr und mehr im Songwriting bezahlt und das neue Album besticht von vorne bis hinten durch spannende, bis ins Detail durchdachte Wendungen, faszinierende Übergänge und sowohl gesanglich als auch musikalische Höchstleistungen. Klar, den Vergleich als „deutsche Dream Theater“ werden Vanden Plas auch mit „The Ghost Xperiment“ nicht los und Andy klingt im ein oder anderen Moment gar nach LaBrie, aber die Pfälzer sind weit davon entfernt, sperrige und ausufernde Instrumentalpassagen zu integrieren, die den Fluss der Songs hemmen oder unterbrechen. Viel mehr wird durch Melodien, Weltklasse-Refrains und immer wiederkehrende Themen in den Songs ein roter Faden erzeugt, der jeder Nummer Nachhaltigkeit beschert.
Gleich der über 7-minütige Auftakt „Cold December Night“ gehört mit zum besten, was Vanden Plas bisher veröffentlicht haben. Spannender Aufbau, ausdrucksstarker typischer Andy Kuntz Gesang bis hin zum göttlichen Hammer-Refrain, den man so schnell nicht aus dem Kopf bekommt.Ein fast schon fröhliches Gitarrenthema, das auch schon mal als Pfeifen verwertet wird, begleitet „The Phanoms Of Prends-Toi-Garde“. Mit 5 ½ Minuten das kürzeste Stück aber interessant in Aufbau und Eingängigkeit.
Wie erwähnt, Vanden Plas spielen ihren Prog Metal nie zu überladen, Gitarrensoli von Stephan Lill wirken nie zu verfrickelt, sondern geloben eher die Melodien und auch die symphonischen Klänge der Keyboards von Günter Werno sind punktgenau eingesetzt und veredeln sämtliches Liedgut. Dies gipfelt in dem neuen Meilenstein „Three Ghosts“. Besser, intensiver kann man Progmetal nicht spielen. Man lässt sich von der Geschichte mehr und mehr fesseln und bei diesem Song zeigt sich ganz deutlich, wie man geniales Songwriting betreibt. Das Ganze umspannt Bögen, füllt jede einzelne Note mit Seele, lässt den Gesang einsickern und das Ende verknüpft den Anfang. Solch eine Übernummer von Vanden Plas findet man höchstens noch auf „Christ O“.
Das muß man erst einmal sacken lassen, doch Vanden Plas lassen keine Verschnaufpause zu und liefern mit dem ersten von zwei über 9-minütigen Longtracks „Devil's Poetry“ den nächsten Höhepunkt ab. Hier wird es dann zwischendurch doch mal sperriger und instrumentale Bereiche mehr in die Länge gezogen. Faszinierend ist erneut die völlig geniale Einbettung der Lyrics. Die zweite überlange Nummer „Fall From The Skies“ hängt dagegen etwas mehr durch. Zwar hält Melodieführung und Songaufbau den Hörer bei der Stange, die großen Momente fehlen allerdings etwas.
Mit dem wieder etwas kürzeren „The Ghost Xperiment“ beschließen Vanden Plas dann in gewohnter Art und Weise den ersten Teil der Geschichte. Man möchte gleich weiter hören, aber...man muß sich halt bis nächstes Jahr gedulden. Ein Umstand, der die Faszination dieses Albums noch aufwertet, man freut sich regelrecht auf mehr.
Vanden Plas liefern in meinen Augen ihr bisher reifstes Werk (neben „Christ O“) ab, gehören zusammen mit Lanfear sicher zu den besten Bands ihres Genres und sind mehr Vanden Plas denn je.
Das ist Musik, die faszinierender nicht sein könnte und nur wer sich die Zeit für dieses Album nicht genommen und oberflächlich drübergehört hat, wird die Genialität von „The Ghost Xperiment“ nicht erkennen. Hut ab vor dieser Leistung !!
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