VÖ: 1971
Label: Bronze Records
Autor: David Kerber
Bewertung: 9 / 10
Dass Uriah Heep neben Deep Purple zu den bekanntesten und erfolgreichsten Hardrock-Pionieren zählt, steht außer Frage. Hits wie „Lady in Black“, „Easy Livin‘“ oder „Free Me“ werden auch heute, teilweise über 40 Jahre nach ihrem Erscheinen, noch regelmäßig im Radio gespielt. Wenn es aber daran geht, welches ihrer Alben unbedingt in der Rock- und Metalsammlung stehen muss, gehen die Meinungen auseinander. Abschließend klären, kann man diese Frage freilich nicht, es hängt auch von den persönlichen Vorlieben ab, aber das dritte Album „Look at Yourself“ sollte zumindest in Erwägung gezogen werden.
Kompositorisch gehört es zu den besten Heep-Werken, und auch kommerziell konnten erste Erfolge gefeiert werden. Die erste Platzierung in den britischen Albumcharts (Platz 49) sowie die erste silberne Schallplatte für 500.000 verkaufte Platten. Schon mit dem fetzigen Opener, gleichzeitig der Titeltrack, ziehen Uriah Heep alle Register ihres Könnens. Harte Riffs, großartiges Hammondorgelspiel, Heep-typischer hoher Harmoniegesang im Refrain und ein Rhythmus, bei dem man nicht stillsitzen kann prägen diesen Song.
Mit „I Wanna Be Free“ geht es sowohl rockig als auch balladesk weiter, wobei das Riff im Mittelteil stark an Wishbone Ashs „Argus“ erinnert. Ansonsten ist der Song zwar recht nett aber auch ein wenig belanglos, weil man ihn nach dem Hören schnell wieder vergisst. Es folgt der wohl beste Song der Bandhistorie: „July Morning“. Ken Hensleys Hammondorgel leitet den Song genial ein und David Byron singt mit träumerischer Stimme über die Suche nach der großen Liebe, natürlich gefolgt von immer höher gesungenen „lalalas“. Doch der für mich beste Teil, ist der Instrumentalteil zum Ende des Songs, wo Uriah Heep zum ersten Mal den damals neu erfundenen Mini-Moog, ein Synthesizer, der in den 70ern vor allem von Elektronikbands wie Tangerine Dream oder auch Klaus Schulze benutzt wurde. Dazu kommt das grandiose Gitarrenspiel von Mick Box und Kens Hammondorgel kommt auch nicht zu kurz. Zum Ende hin steigert sich die Intensität des Songs immer mehr bis er schließlich ausgefadet wird. Einer der epischsten Songs, die je geschrieben wurden.
Mit „Tears in my Eyes“ wird es wieder rockiger und geradliniger. Der Mini-Moog findet auch hier Verwendung, geht aber neben der Gitarre und den anderen Keyboards etwas unter. In der Mitte des Songs, gibt es ein kurzes Break, das den Eindruck erweckt, der nächste Song würde bereits anfangen. Aber nach einer halben Minute kehrt das Anfangsriff wieder und führt den Song bis zum Ende.
Das nächste hammondorgellastige Epos folgt mit „Shadows of Grief“. Das Stück erinnert stark an Deep Purple, sowohl instrumental als auch gesangstechnisch. Kens Orgelspiel steht dem Jon Lords in nichts nach und auch Mick Box wandelt mit seiner „Wah-Wah“-Gitarre auf Blackmores Pfaden und der hohe Gesang Davids im ruhigen Mittelteil greift Purples „Highway Star“ vor. Was bei einem Heep-Album auf keinen Fall fehlen darf, ist die Ballade. So gibt es mit „What Should Be Done“ eine gefühlvolle Akustikballade, die aber das Niveau von „Lady in Black“ nicht erreicht, daran ändern auch die gehauchten Harmoniegesänge während der Strophe nichts. Der schwächste Song auf dem Album, wobei ich hier von einem sehr hohen Standard ausgehe.
Der Rausschmeißer „Love Machine“ geht dann wieder in die harte Richtung und fährt sogar ein bisschen Rock’n’Roll-Feeling auf. Ein beschwingter Gute-Laune-Song der zum Tanzen einlädt (sofern man das denn möchte^^). Mit „Look at Yourself“ ist Uriah Heep ein starkes aber vielfach unterbewertetes Album gelungen, das in einer gerechteren Welt denselben Status wie „Machine Head“ oder „Back in Black“ haben sollte.
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