VÖ: 08.07.2022
Label: El Puerto Records
Autor: Kerbinator
Bewertung: 9 / 10
Die Band Undertow gehört bereits zu den Urgesteinen der deutschen Metalszene. 1993 gegründet waren die Heidenheimer durchgehend aktiv, auch wenn es diverse Bandwechsel gab und zwischendurch immer mal wieder ruhig um die Jungs wurde. Jetzt kommt mit „Bipolar“ das neunte Album heraus und ist musikalisch, trotz der gewissen Nähe zu Bands wie Crowbar und Pro Pain, prinzipiell schwer zu kategorisieren.
Denn Undertow verstehen es erstklassig, ultimative Heaviness mit Anspruch zu paaren und die Erfahrung der Band zeigt, daß auch Songs jenseits der 7-Minuten-Marke nichts von ihrer Kraft verlieren müssen. Und von diesen Beinahe-Longtracks gibt es auf „Bipolar“ gleich drei Stück. Der längste Track, „When Tears Became Scars“, steht gleich am Anfang. Mutig von den Herren, aber der Song ist sofort ein echtes Highlight. Mit Moll-Piano startend wird’s mystisch melodisch, bis der zu erwartende Heavy-Ausbruch von Gitarrist Markus Brand folgt. Der Gesang von Joachim Baschin (gleichzeitig zweiter Gitarrist) kommt äußerst rauh und in diesem Fall doomig rüber. In Einklang mit den wuchtigen Drums (Oliver Rieger) und dem pumpenden Bassspiel (Andreas Hund) plus sehr starkem Gitarrensolo wird der Song im Verlauf immer intensiver. Grandioser Auftakt.
Schneller wird es beim folgenden „On Fire“. Heftige Shouts und der knallharte Sound schieben die Nummer ein Stück weit Richtung Crowbar und kredenzt feinsten Groove Thrash. Ein wirbeliges Gitarrensolo und harmonische Twin-Gitarrenleads runden diesen Wuchtbrocken famos ab. In ähnlicher Art und Weise liefern die kürzeren Songs des Albums wie „Call Of The Sin“ mit schnellem Geballer, straighten Shouts und Killer-Riffing oder „Unstoppable“ in bester Speed-Thrash Manier ab. Es wird aber nie der omnipräsente Monster Groove, der Undertow umweht, gänzlich vergessen.
Trotz dieser heftigen Heavy-Perlen sind es auf „Bipolar“ aber die längeren Songs, die unglaublich beeindrucken. So erlebt man mit „Shadows“ schwere Doom Riffs mit Flüstervocals, mehrstimmig melodische Refrains und einen intensiven Chor-Part. Melancholische Melodien, fast schon epische Shouts und dramatische Gitarren liefert „The Longest Breath“ und der fast 8-minütige Track „Undertow“ beginnt und endet mit Wasserrauschen und zelebriert zwischendrin mystische Gitarrenmelodien, wuchtige Heavy-Ausbrüche, schnelle Parts und verklärt schöne Klänge. Und dieser Songs kommt gänzlich ohne Gesang aus, beeindruckend.
Zu guter Letzt setzen Undertow mit „I Remain“ noch eine Akustik-Gitarren gesteuerte, sentimentale Ballade obendrauf. Ein wahrer Gänsehautmoment zum Schluß.
Undertow klingen nach 30 Jahren frischer denn je und spendieren ein Album, welches trotz viel Rauhbeinigkeit und immenser Heaviness durch die Bank spannend und abwechslungsreich geschrieben ist. Jeder einzelne Song (und die längeren Stücke im Besonderen) überzeugt und man lässt keinen Zweifel daran, daß wir es bei „Bipolar“ mit einem absoluten Highlight des Jahres 2022 zu tun haben. Es liegt nun lediglich an euch allen, dieses wuchtig geniale Juwel zu entdecken.
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