VÖ: 05.08.2022
Label: Massacre Records
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8 / 10
Unglaublich, da kommt doch tatsächlich nochmal ein neues Album der Band Toxik heraus. Für die jüngeren unter uns…das ist eine Truppe aus New York, die verrückten Technical Thrash Metal spielt und Ende der 80er Jahre zwei Kult-Alben („World Circus“ 1987 und „Think This“ 1989) herausgebracht hat. Danach kam außer ein paar Compilations und einem Neuauflagen-Ding („Kinetic Closure“ 2020) nichts mehr. Umso spannender, das Toxik jetzt zurück sind mit „Dis Morta“, dem dritten echten Album der Band.
Toxik sind im Prinzip das Ding von Leadgitarrist Josh Christian, einzig noch verbliebenes Mitglied von damals. Und das ist nicht ganz unwichtig im Kontext der Band, denn dieses verrückte, jederzeit sich abrupt ändernde Gitarrenspiel prägt den Sound von Toxik seit je her. Bei „Dis Morta“ knüpft man durchaus an die Komplexität, den Wahnsinn und die fast schon als jazzig zu bezeichnenden Speed-/Thrash-Elemente an. Und ich gebe auch zu, das Album hat erst beim zweiten Durchlauf so richtig gezündet. Dann aber heftig.
Gesellschaftskritisch wie damals gehen Toxik die Lyrics von der Hand. Nicht umsonst hat man quasi den Begriff „World Circus“ erfunden. Muß man sich zu Beginn des Albums noch an die Stimme des Sängers Ron Iglesias gewöhnen, der ab und an in schwindelerregenden Höhen unterwegs ist, so entfaltet sich im Verlauf seine stimmliche Versiertheit immer mehr. Begonnen oder integriert werden auf diesem Album immer wieder gesprochene Seqenzen. Entweder als Einleitung oder zwischendrin. Als Beispiel sei hier das derbe Streitgespräch zu Beginn von „The Radical“ genannt.
Überragend sind die Gitarrenausbrüche, die mit tierischer Soundgewalt daherkommen. Immer wenn man am wenigsten damit rechnet, zum Beispiel wenn Josh Christian vorher sämtliche Skalen hoch und runter gedudelt hat. Man weiß nie, was als nächstes folgt. Brachiale Themen werden abrupt abgebrochen und in ruhige Bahnen gelenkt und umgekehrt. Der Titeltrack und Opener (ist das übrigens eine Trompete, die zum Schluß zu hören ist ?), sowie das hysterisch verrückte „Feeding Frenzy“ legen hierzu die Meßlatte bereits verdammt hoch. Toxik lassen dahingehend auf Albumlänge allerdings kaum nach.
Das irrwitzige „Hyper Reality“ steht genauso für den Sound der Amis Pate wie der fast schon eingängige Speed-/Thrasher „Straight Razor“. Bei „Devil in the Mirror“ wird’s beim Refrain beinahe harmonisch, was aber auf Songlänge täuscht. Und auch der Rausschmeißer „Judas“ legt nochmals wirre und melodische Strukturen übereinander.
Toxik sind auch im Jahr 2022 immer noch nicht für den Metal Mainstream geeignet. „Dis Morta“ ist vielleicht nicht ganz so kultig wie die 80er Alben, zeigt aber eindrucksvoll, wie diese progressiv jazzige, fordernde Thrash Metal Musik heutzutage klingen muß. Wie gesagt, der Gitarrensound ist vom Allerfeinsten und auch der variable, wenn auch gewöhnungsbedürftige Gesang lässt Toxik der Neuzeit stattlich aufleben. Cooles Ding für Leute, denen der ein oder andere Knoten im Ohr nicht weh tut.
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