Bonus::
VÖ: 22.06.2018
Label: InsideOut Music
Autor: Kerbinator
Bewertung: 9 / 10
Das Label spricht von keiner neuen Progrock Supergroup, sondern mehr von einer Ansammlung talentierter Musiker. Das ist wohl ziemliches Understatement, meine Damen und Herren. Denn bei The Sea Within sind u. a. Daniel Gildenlöw (Pain of Salvation), Roine Stolt (The Flower Kings), Jonas Reingold (The Flower Kings / Karmakanic) oder auch Marco Minnemann (The Aristocrats, Steven Wilson) am Werk. Natürlich kann man hier schon auch von talentierten Musikern sprechen, absolut. Aber es klingt dennoch mehr nach dem Who-Is-Who der Progrock Szene.
The Sea Within entstand aus einem Gespräch von Roine Stolt mit dem InsideOut Music Chef, Thomas Waber, heraus. Der Entstehungsprozess des Debut Albums „The Sea Within“ erstreckte sich über mehrere Monate hin, wird hauptsächlich als Komposition der kompletten Band gesehen, und nicht als Aneinanderreihung verschiedener Ideen der einzelnen Musiker. Kein einfaches Unterfangen, wenn man die Entfernungen der Musiker zueinander sieht.
Trotzdem ist ein fantastisches Album mit vielen Facetten herausgekommen, das viele Elemente der „Haupt“bands der Protagonisten vereint. Anspruchsvolle Progrock-Musik, nicht immer leicht verdaulich, dennoch mit genialen Melodien und Rhythmen gesegnet. So integriert man bereits beim Opener „Ashes of Dawn“ zwischendurch ein jazziges Saxophon, gespielt von Gastmusiker Rob Townsend. Ansonsten ist natürlich die herausragende Stimme von Daniel Gildenlöw ein starkes Ausrufezeichen von The Sea Within. Mal emotional, mal rauh aggressiv und manchmal fast zerbrechlich intoniert der Schwede in sämtlichen Songs mit seinem kompletten Potenzial großer Sangeskunst. Natürlich färbt er die Songs damit mit einem Pain of Salvation-Anstrich ein. Doch die Musik ist um einiges vielschichtiger.
Beim längsten Song des Albums, dem 14-minütigen „Broken Cord“ gibt sich auch Jon Anderson von Yes gesanglich die Ehre. Aber auch Casey McPherson von den Flying Colors übernimmt den ein oder anderen Gesangpart. Klar, daß dieser Song aufgrund seiner Länge auch der abwechslungsreichste ist. Glücklicherweise ist diese Nummer nie musikalisch überfrachtet, sondern neben der ein oder anderen instrumentalen Länge immer eingängig und songorientiert.
Prinzipiell besteht „The Sea Within“ aus 8 Songs. Zudem enthält das Album eine Bonus-Platte mit vier Songs und nochmals über 20 Minuten Länge zusätzlich. Aber warum eine Bonus-Platte ? Keine Ahnung. Ich betrachte die 12 Songs als Gesamtwerk, denn die „Bonus“-Songs sind keinen Deut schwächer als die des Haupalbums. Es gibt soviel zu entdecken auf diesem Debut, daß man beim ersten Hören eventuell überfordert sein könnte. Hier wird die gesamte musikalische Seite des progressiven Rocks abgedeckt. Das fängt an bei verschiedenen Beatles-Einleihen, die man einstreut, z. B. beim bereits angesprochenen Longtrack. Dann geht viel über komplexe Strukturen, die den Flower Kings oder auch Spock's Beard alle Ehre machen. Nicht zuletzt sind es aber die vielen ruhigen, sentimantalen und teils traurigen Elemente, welche die ganz große Gänsehaut erzeugen.
Man höre sich bloß das berührende „Denise“ an, welches lyrisch sowie musikalisch das Herz bricht. Oder auch „The Hiding Of Truth“ bei welchem Jordan Rudess das sogenannte Grand Piano bedient. Ganz ganz große Gefühle, nie an der Grenze zum Kitsch oder belangloser Balladen. Glanzvolle Momente und ruhige Abwechslung zu den intensiven Prog-Stücken, die The Sea Within sonst noch so im Program haben. Tolle Refrains wie bei „The Know My Name“ bleiben sofort im Ohr und fröhlichere Songs wie „An Eye For an Eye For an Eye“ lockern die Atmosphäre immer wieder auf.
„The Sea Within“ ist eines der progressiven Highlights dieses Jahres bisher, ohne Zweifel. Nichts wirkt wie eine effekthaschende Zusammenstellung einzelner Künstler, sondern das gesamte Album gibt es Harmonien, Melodien und höchsten musikalischen Anspruch, was an Homogenität fast nicht zu überbieten ist. Das Album benötigt ein paar Durchläufe, bis man die Genialität der Kompositionen erkennt, aber das erste Hören beeindruckt schon irgendwie. Was für ein Debut !!
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