VÖ: 10.11.1967
Label: Deram Records
Autor: David Kerber
Bewertung: 10 / 10
1967, die Mauer steht schon 5 Jahre, die Beatles sind auf der Höhe ihres Schaffens und Decca haben ein neues Aufnahmesystem entwickelt und beauftragen eine ihrer Bands damit, die „Neue Welt Symphonie“ von Dvorak neu zu interpretieren, um das neue System zu testen. Glücklicherweise hat diese Band den „Vorschlag“ abgelehnt und stattdessen eigene Songs komponiert und aufgenommen. Herausgekommen ist „Days of Future Passed“ von Moody Blues, die erste Symbiose einer Rockband mit einem klassischen Orchester. Zwei Jahre später folgten Deep Purple mit dem klassisch aufgepeppten Song „April“, noch ein Jahr später dann das „Concerto for Group and Orchestra“.
Aber zurück zu Moody Blues: „Days of Future Passed“ markierte eine Wende in der stilistischen Ausrichtung der Band. War man vorher eher dem R&B zugetan, hat man nun das erste Progressiv Rock, respektive Art Rock Album der Musikgeschichte eingespielt, welches sicherlich die ein oder andere spätere Prog- und Artrockband entscheidend beeinflusst hat.
Wie bei einer klassischen Oper gibt es mit „The Day Begins“ eine Ouvertüre, die schon Melodien der späteren Songs aufgreift. Gespielt ausschließlich vom Orchester mit einem Sprecher am Ende.
Beim ersten richtigen Song „Dawn is a Feeling“ kommt dann auch die Band zum Tragen. Eine gefühlvolle Ballade mit Duett zwischen Justin Hayward und John Lodge.
Rays Querflöte leitet „Another Morning“ mit „Vogelgezwitscher“ ein, dann setzen Bass und Gitarre ein und lassen den Song zu einem fröhlichen, fast ausgelassenen Song werden. Man ist fast geneigt zu sagen, dass es ein typisches 60er Jahre Flower-Power-Stück ist. Charakteristisch auch die immer wiederkehrenden Melodien.
Die „Lunch Break“ entpuppt sich als Intro zu „Peak Hour“ und ist, genau wie der Opener orchestral gehalten, allerdings nicht im Largo sondern eher im Allegro^^. „Peak Hour“ ist dann demzufolge ein schnellerer Rocksong, der auch von den Beatles stammen könnte.
So, LP umgedreht und weiter geht’s . „Forever Afternoon“ und „Time to Get Away“, fließend ineinander übergehend aber von der Stimmung eher gegensätzlich eröffnen die zweite Seite. Ersterer eher ruhig balladesk mit epischen Orchesterpassagen, letzterer am Anfang melancholisch. Zum Ende hin steigert sich der Song zu einem schnellen typisch 60er Jahre Rocksong mit mehrstimmigem Gesang im Refrain.
Mit „Evening“ folgt ein weiterer zweigeteilter Song, „The Sun Set“ und „Twilight Time“. Der erste Teil mutet etwas merkwürdig an, vor allem die Basslinie ist ungewöhnlich, erinnert ein wenig an das Geräusch eines „Wasserbauches“, also wenn man zu viel Wasser getrunken hat und hin und herläuft. Der Gesang ist, passend zur Musik, teilweise etwas überbetont, aber auch merklich unterkühlt und teilnahmslos. „Twilight Time“ geht dann wieder in die Beatles-Richtung. Rockig, mit schönen Melodien und großartigem Refrain.
Den Abschluss bildet der wohl bekannteste Moody Blues-Song: „Nights in White Satin“, eine melancholische Ballade, die auch heute noch in manchen Radios gespielt wird und auf etlichen Oldiesamplern drauf ist. Nur mit dem Unterschied, dass der Song hier knapp drei Minuten länger ist. Bemerkenswert: Das wunderschöne Querflötensolo in der Mitte des Titels. Noch eine Anekdote dazu: Wer sich fragt, warum „Nights in White Satin“ trotz seiner Länge im Radio gespielt wurde.
Ganz einfach: Ein amerikanischer Radiomoderator aus Seattle wollte in Ruhe seinen Bong rauchen und hat deshalb den längsten Song gespielt, den er gefunden hat. Die Hörer waren so begeistert von dem Lied, dass sie ihn immer wieder gewünscht haben und er dann auch in anderen Radios in ganz Amerika gespielt wurde.
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