Shaped Out of Cloud
In Between
With the Eyes of a Child
Black and White
The Sound of Her World
Sleep Tight
Off her Hands
Shine
Point of No Return
All These Years
Home
VÖ: 20.02.2015
Label: Gentle Art of Music
Autor: MC Lucius
Bewertung: 10 / 10
Es gibt weiß Gott schlimmere Aufgaben für einen Rezensenten, als das neueste Werk der norddeutschen Progressive Rock Formation SYLVAN zu besprechen. Und trotzdem ist es nicht so einfach, wie man meinen könnte. Denn "Home" zu hören, macht einerseits riesigen Spaß, doch auf der anderen Seite findet sich nichts, woran man rumnörgeln könnte. Was unsereins ja gerne tut. Irgendein Haar wird sich in der Suppe schon finden lassen. Oder? Handelt es sich also bei "Home" um ein perfektes Album? Aus meiner Sicht auf jeden Fall. Hier liegt so etwas wie die Blaupause des progressiven Rock vor.
Doch geben wir erstmal step by step Butter bei die Fische. Die Scheibe startet eher bedächtig, es dauert rund dreieinhalb Minuten, bis sie Fahrt aufnimmt. Hier zeigt sich aber bereits, wie geschickt es die Musiker aus Hamburg verstehen, einen Spannungsbogen aufzubauen und diesen auch auf "Spannung" zu halten. Mit "Not far from the Sky" und "Shaped out of Clouds" stehen zwei Sechs - Minüter am Anfang des Albums, die so clever miteinander verwoben sind, daß man fast gar nicht mitbekommt, wo ein Song endet und der nächste beginnt. Da fühlt man sich an Pink Floyd'sche "Dark Side Of The Moon" Zeiten erinnert.
Daß es sich bei "Home" um ein Konzept Album handelt, bemerkt man spätestens bei "In Between", mit 10:50 Minuten der längste Track des Silberlings. Erzählt wird die Geschichte einer jungen Frau, die auf der Suche nach ihren Kindheitserinnerungen und ihrer Heimat ist. Daß dabei schonmal die Hoffnung verloren geht, gehört ebenso dazu wie Zweifel und Ängste, welche die Protagonistin im Verlaufe der rund 78 Minuten immer wieder plagen.
Trotz vieler ruhiger Momente ("With the Eyes of a Child", "Black and White") schaffen es Sylvan, den Hörer an die Langrille zu fesseln. Nebenher hören ist bei "Home" nicht, diese Platte verlangt "högschte" Konzentration. Zuhören statt hinhören.
Das Quartett aus der freien und Hansestadt zieht sämtliche Register und erfüllt damit nahezu alle Klischees, die sich um diese Art von Musik ranken. Pompöse Arrangements, ausschweifende Instrumentalpassagen, überraschende Breaks undundund. Grußadressen an Genesis, Marillion, Arena und sogar Dream Theater inklusive.
Daß Sylvan dabei "britisch" klingen, liegt denke ich in der Natur der Sache und ist sicher nicht ungewollt. Der lyrische rote Faden wird dabei mit Inhalten gesponnen, die deutlich über dem weit verbreiteten flachen Niveau deutscher Bands mit englischen Texten rangieren.
Leicht verdaulich ist das alles nicht, will es aber natürlich auch gar nicht sein. Selbst das verdächtig kurze "Off her Hands", mit 3:42 Minuten der kürzeste Track auf dem Longplayer, mutet alles andere als kommerziell an.
Und so befindet der Hörer sich während der mehr als eineinviertel Stunden permanent auf einem High Energy Trip, der Kopf und Bauch gleichermaßen anspricht und sich so unwiderstehlich in die Erinnerung frißt, wie es nur ganz wenigen Werken vergönnt ist.
Wie eingangs bereits erwähnt, finde ich auch trotz mehrmaligen Durchhörens keine Punkte, die den Abzug des ein oder anderen Affentalers rechtfertigen würden. Vom Songwriting über die Arrangements und das musikalische Handwerk bis hin zur Produktion stimmt hier einfach alles. Und darum gibt es für "Home" von Sylvan die volle Punktzahl. Schluß. Aus. Ende.
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