VÖ: 23.11.2020
Label: GEP
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8 / 10
Die britische Folk-Prog Legende Solstice (nicht zu verwechseln mit einer Doom-Death Metal Band gleichen Namens) ist zurück mit ihrem sechsten Album. Sinnigerweise „Sia“ benannt, was übersetzt „sechs“ bedeutet. Mit Jess Holland hat man eine neue Sängerin an Bord, musikalisch ändert sich dadurch aber nicht viel. Einfühlsamer, folklastiger Prog, der mit viel Violine ausgestattet ist und auf wohldosiertem, melodischem Gitarrenspiel von Mainman Andy Glass basiert.
Das Solstice sehr renommiert sind und anscheinend auch schon vor Augen der englischen Queen gespielt haben, zeigt sich auf „Sia“ deutlich. Sechs neue Songs plus ein Bonustrack lassen gar keinen Zweifel zu, es hier mit erfahrenen Musikern zu tun zu haben. Der Opener „Shout“ ist gleich mal ein Longtrack mit über 12 Minuten Länge. Himmlische Klänge, die ins Folkige münden bezaubern sofort und mit Jess Holland hat man eine stimmlich hervorragende Sängerin gefunden. Fernab von Kitsch und opernhaftem Getue überzeugt sie mit Anmut und Wärme. Jenny Newman's Violine ist sofort präsent und teilweise wirken manche mehrstimmigen Gesangspassagen und Arrangements gar ein weig funkig. Mittels Break setzen ruhige Orgel-u. Gitarrenmomente ein, ein Violinensolo folgt und der Gesang von Jess geht ins Zärtliche über. Ein feines progressives Kleinod, welches mit einem härteren Part und mysicher Stimmung endet.
Die restlichen Songs pendeln alle zwischen vier und sieben Minuten und sind eher ruhig und ausgeglichen, denn dynamisch und hart. „Love Is Coming“ und „Long Gone“ ähneln sich ziemlich mit Akustik-Gitarre, Mundharmonika-Begleitung und den schönen Gitarrenmelodien von Andy Glass. „Stand Up“ ist dagegen von flotterer Natur, Melodien wechseln sich mit dynamischen Passagen ab und ein relativ hartes Gitarrensolo ergänzt.
Mit Chören und betörend entspanntem Gesang im Wechsel plätschert „Seven Dreams“ über 7 Minuten lang ein wenig dahin, selbst das Gitarrensolo ist reichlich unaufgeregt und absolut entspannend. Das beste Stück folgt als eigentlicher Albumabschluß mit „A New Day“. Wunderbare Melodien, der wiederum zärtliche Gesang von Jess und berührende Violinenklänge gipfeln in einem elegischen Gitarrensolo. Feinster Gänsehaut-Prog, der ein bemerkenswertes Album beschließt.
Es gibt mit „Cheyenne“ aber auch noch einen Bonustrack. Ursprünglich Anfang der 80er herausgekommen, erscheint dieser jetzt in neuem Gewand. An diesem Song sieht man, daß sich Solstice seit damals musikalisch gar nicht so sehr verändert haben, lediglich ein amtlicher Drumbeat und die etwas indianisch anmutenden Vibes fallen etwas aus dem Rahmen. Trotzdem ein Zeitzeugnis der Band ihres früheren Schaffens mit moderneren Mitteln.
Solstice lassen mit „Sia“ ein wunderbares Album dem 2017er Dreher „Prophecy“ folgen und dieses dürfte jedem Fan anspruchsvoller Musik, der es gerne leichter und ruhiger mag, ausnahmslos gefallen. Zwar fehlt's den Briten ein wenig an Dynamik und somit an Spannung, dies wird durch zeitlos schöne Melodien und berührende Momente aber wett gemacht. Schönes Album.
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