VÖ: 12.06.2020
Label: Eclipse Records
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8,5 / 10
2004 gründeten Rox Capriotti und Luca De Falco in Italien die Band The Lotus. Zusammen mit diversen Bassisten und Drummern siedelten die Jungs irgendwann über nach Manchester / UK um dort ihr musikalisches Glück zu versuchen. Als das ausblieb, verschwanden bis auf die beiden Protagonisten wieder alle nach Italien. Auf eigene Faust gründete man daraufhin Shape Of Water, eine Alternative Art-Rock Band und mit „Great Illusions“ bringt man nun das erste Album heraus.
Und dieses Debut macht gewaltig Spaß. Zwar sind Shape Of Water mitunter viel im poppigen Bereich oder auch New Wave unterwegs, sie packen aber dermaßen viele Einflüsse in ihren Sound, daß man dies zu Recht als progressiv bezeichnen kann. Klar, da man nur als Duo unterwegs ist, wird viel durch Programming erledigt. Der Faszination der Songs tut dies aber keinen Abbruch.
So steigen Shape Of Water mit „Mars X“ erst mit Piano und ruhigem Gesang ein, harte Gitarren und verzerrte Sounds wecken aber sofort auf. Zusammen mit den vielseitigen Keyboards legt Sänger Rox Capriotti die Grundlage für etliche Gänsehautmomente. Der Junge hat wirklich eine hervorragende, intensive und glasklare Stimme, die natürlich etwaigen Pop-Appeal bietet, aber für absolute Glücksmomente sorgt. Dem Songtitel gerecht werdend wird’s zunehmend spacig und die hohen, spitzen Screams am Ende überraschen.
„Scar“ lässt dagegen mehr E-Piano und Synthies kreisen. Der Refrain wird mehrstimmig intensiv dargeboten, ein wuchtiger Drum und Programming Part lässt den Sound massiver werden. Sind das Triangel-Klänge zu Beginn von „Perfect Love“ ? Egal, voluminöser Gitarren-/Drumsound und etwas melancholischer Gesang führen zu einem poppigen Refrain. Der Sound ist wirklich toll und wird von einem verzerrten Gitarrensolo und starken Keyboards abgerundet.
Ein echtes Highlight folgt mit „Still Karma“. Computerklänge und hoher Gesang zu Beginn, was eher pop-orientiert wirkt, holt einen durch die elegische Gitarre unterstützt durch die Drums absolut ab. Harte Gitarren, immer im Verbund mit Synthies werden durch absoluten Gänsehaut-Gesang veredelt und durch Wahnsinns-Melodien formvollendet. Hyperstark !
Mehr im Bereich AOR wildert „In Your Arms“. Synthie Intro, ruhig aufbauender Gesang, mehrstimmiger hochmelodischer Refrain...alles was eine klasse Nummer in diesem Genre braucht. Teils symphonische Spuren gibt’s auch zwischendurch. Zärtliches Piano legt den Grundstock für das 9-minütige „A Silvia“. Wird aber recht schnell bombastischer/symphonischer und auch der Refrain ist wieder ziemlich intensiv gehalten. Irgendwie erinnert mich dieses Epos an die Schweizer Progger Clepsydra.
Wieder etwas mehr im Bereich Alterna-Pop Prog angesiedelt ist „Not All The Things“. Die Synthies und poppig mehrstimmige Parts erinnern fast etwas an A-Ha. Der Solo-Gesang ist erneut Weltklasse und ändert sich nach einem Break in ruhigeres und cleanes Stimmungshoch. Ruhig und balladesk geht’s weiter mit „Five Days To Shine“. Traurige Keys, elegische Gitarren und hoher Gesang im Refrain lassen einen berührt und nachdenklich zurück.
Völlig anders tritt danach plötzlich „The World Is Calling Me“ auf. Hardrockige Gitarren braten mittels Stoner Riffs, die Drums pumpen, der Gesang ist ebenfalls rockiger aber dennoch immer melodisch. Ein knallhartes Wah-Wah Gitarrensolo lässt die Überraschung perfekt werden. Der abschließende Titelsong „Great Illusions“ liefert dann wieder den „gewohnten“ Art-Pop Rock der Italiener.
Shape Of Water sind eine sehr interessante Band (oder eher Projekt ?). Der Pop-Appeal ist nicht von der Hand zu weisen, dennoch wird „Great Illusions“ jeden aufgeschlossenen Prog-/Art Rocker begeistern. Soundtechnisch von Paul Reeve (Muse, Supergrass) und Sky Van Hoff (Rammstein, Kreator) perfekt in Szene gesetzt, ist das Album vielseitig wie in letzter Zeit selten gehört. Absolute Empfehlung für über den Tellerrand schauende Musikfreunde.
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