VÖ: 25.02.2022
Label: Vertigo (Universal Music)
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8,5 / 10
Da denkt man, die Scorpions lassen ihre Karriere jetzt endgültig ruhig ausklinken, treten eventuell nur noch sporadisch auf und „Return To Forever“ von 2015 war ihr letztes Studioalbum. Aber weit gefehlt. Urplötzlich rauschen die Hannoveraner mit einem neuen Werk heran und nennen das Ganze auch noch „Rock Believer“. Sie glauben also noch an die Zukunft der Rockmusik und hoppla, das Album klingt stellenweise ja auch tatsächlich nach den glorreichen Achtziger Alben wie „Lovedrive“, „Animal Magnetism“ oder „Blackout“.
Also back to the roots ? Ja, fast. Denn nicht alle Song (11 an der Zahl) atmen diese 80er Luft. Der ein oder andere Schlenker in „neuere“ Hit-Tauglichkeit ist dann doch auch wieder vorhanden. Fakt ist aber, Klaus Meine singt hervorragend und gar nicht mal so viel in „denglisch“, wie man ihn kennt, sondern mit seiner markanten Stimme sauber rockig und ebenfalls sehr 80er Scorpions-lastig. Schenker/Jabs muss man nicht extra loben, deren Qualität ist seit Jahrzehnten unbestritten und die beiden zaubern durchaus diesmal das ein oder andere Deja-Vu Erlebnis aus Ihren Saiten. Mikkey Dee setzt die Tradition starker Drummers bei den Scorpions bereits seit längerer Zeit fort und ist gerade bei schnelleren Songs eine wahre Pracht. Bleibt noch Bassist Pawel Machwoda, den man wahrscheinlich am wenigsten kennt in dieser Band, aber seinen Job zuverlässig erfüllt.
Aber zunächst startet das neue Album mit einem Song-Trio, daß auch wunderbar auf die eingangs erwähnten Alben gepasst hätte. Die 80er Vibes sprühen aus allen Poren bei den flotten Rockern „Gas In The Tank“, „Roots In My Boots“ und „Knock ‘Em Dead“. Selten hat man die Scorpions mit solch unbändiger Spielfreude und sofort ins rockgeschulte Ohr gehenden Refrains in neuerer Zeit erlebt. Knackig, old schoolig und dennoch frisch.
Der Titelsong „Rock Believer“ biedert sich dann, zumindest was den Refrain betrifft, ein wenig an die Scorpions neueren Datums an und bremst ein wenig die Euphorie, zumindest der alten Hörer-Recken. „Shining On Your Soul“ klaut dann mit seiner reggae-ähnlichen Grundlage ein bisschen bei dem alten Klassiker „Is There Anybody There ?“ vom „Lovedrive“-Album. Herrliche, wohlfühlige Gänsehaut macht sich breit.
Auch der Rest des Albums pendelt munter zwischen alter Klasse und moderneren Songs hin und her. „Seventh Sun“ kommt für Scorpions Verhältnisse äußerst heavy und fällt unter die Kategorie „The Zoo“. „Hot and Cold“, „When I Lay My Bones To Rest“ und “Call Of The Wild” sind gutklassige Songs, wobei letzterer ein bisschen den Blues rausholt. “Peacemaker” hat dann natürlich wieder den für Scorpions bekannten Friedenswillen. Gerade jetzt aktuell gewünschter denn je. Der Song fällt aber nicht großartig auf und bietet eher Hannoveraner Hausmannskost.
Die Ballade, die logischerweise nicht fehlen darf, heißt diesmal „When You Know (Where You Come From)“ und orientiert sich auch eher an Songs wie „When The Smoke Is Going Down“ als an „Wind Of Change“. Also auch der Albumabschluß lässt nochmals die Renaissance der alten Scorpions aufblitzen.
Bleibt noch zu erwähnen, daß auch das Albumartwork, obwohl ganz anders gestaltet, einen gewissen „Blackout“-Effekt erzeugt. Man sieht auch daran schon, wo Schenker und Co. mit diesem Album hinwollten. Und das haben sie auch eindrucksvoll geschafft. „Rock Believer“ beweist, daß der Rock lange noch nicht tot ist und ist mal so eben das beste Scorpions Albums seit „Love At First Sting“ geworden. Hut ab die Herren !!
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