VÖ: 27.10.2017
Label: Gentle Art Of Music
Autor: Kerbinator
Bewertung: 7,5 / 10
In einer konsumgesteuerten Welt kommt eine Band wie Schizofrantik gerade recht, die nicht so wirklich in eine Schublade passt und dem Allerwelts-Musikhörer einiges Kopfzerbrechen bereiten dürfte. Fernab von jeglichen kommerziellen Zügen bringen die Bayern auf ihrem mittlerweile sechsten Studioalbum (wenn ich richtig gezählt habe) „Ripping Heartaches“ ihr eigenes Verständnis von Musik unter die Leute. Schizofrantik sind vier Musiker, die sich grob dem Progressive-/Art Rock verschrieben haben, aber dies nicht auf sofort nachzuvollziehenden Strukturen basierend, sondern reichlich verkopft. Mainman der Band ist Sänger und Gitarrist Martin Mayrhofer, der seit über 30 Jahren bühnenaktiv ist und für die Kompositionen der Band verantwortlich zeichnet.
Wie es sich für Alben mit Progansatz gehört, beinhaltet „Ripping Heartaches“ auch zwei überlange Tracks, der erste gleich zu Anfang. Und dieser, „Satan And Death Seperated By Sin“, kommt gleich völlig ohne Gesang aus. Man ahnt es schon....Mayrhofer, Henning Lübben (keys), Marco Osmajic (Bass) und Christian Schichtl (Drums) leben ihre musikalischen Fantasien voll aus. Das ist alles andere als einfach nachzuvollziehen. Oft zu verfolgende Disharmonien wechseln sich mit melodischen Passagen ab, ohne in wirklichen Rhythmus zu verfallen, so daß dieser 12-minüter beim ersten Hören reichlich zerfahren, ja teilweise jazzig klingt. Frickeliges paart sich mit moll-artigen Tönen und mitunter seichteren Klängen. Nein, einfach machen es Schizofrantik dem Hörer definitiv nicht. Das Label (Gentle Art Of Music) spricht davon, daß die Band ihrem Namen alle Ehre macht. Ich möchte dies nicht verneinen.
„A New Day“ wirkt danach ungleich entspannter, was auch am jetzt einsetzenden Gesang liegt, der aber in diesem als auch in allen weiteren Songs eher nur eine begleitende Rolle spielt. Recht ruhig und gleichförmig setzt er keine wirklichen Ausrufezeichen. Diese stehen eindeutig hinter der Instrumentalarbeit. Auch die weiteren folgenden Kompositionen beinhalten verschrobene Waisen, kakophonische Klänge, blitzartige Stilumbrüche, sowie Melodiebögen, die wie aus dem Nichts erscheinen und die Seele schmeicheln. In ihrer eigenen Art und Weise spinnen die Bayern hier einen roten Faden, der sich durch's Album zieht, auch wenn der ein oder andere diesen zuerst nicht erkennen mag.
Prinzipiell ähnelt sich die musikalische Ausrichtung in allen Songs. Mal verstärkt man den Sound mit Synthie-/Key-Teppichen („Hungry Ghosts“), mal bringt man elegisch melodramatisches mit ein („Why Is My Mind ?“). Unterm Strich gibt’s generell schwierig zu konsumierende Musik, die den Begriff „anspruchsvoll“ dermaßen auslebt, daß man ihn neu definieren sollte.
Um den Rahmen abzuschließen, beenden Schizofrantik den Reigen mit dem zweiten Longtrack „Infinity“. Ähnlich dem Eröffnungsstück ufert der progressiv/verquere Klangteppich wieder aus, diesmal allerdings mit etwas Gesang. Die Songs, die lyrisch anscheinend von der buddhistischen Lehre und dem Herzschmerz der heutigen Zeit handeln, erfahren so ihr stilvolles Ende, welches den Hörer entweder mit offenem Mund oder mit Kopfschütteln zurücklässt.
Schizofranktik kann man schwer vergleichen. Das Label schiebt ihnen Anleihen bei King Crimson, Frank Zappa und Bela Bartok zu. Nun ja, weiß ich nicht, aber generell dürfte die Zielgruppe bei der Band stark eingegrenzt sein. Denn der harmoniebedürftige Softie dürfte trotz vieler hervorragenden Melodie-Einfälle genauso überfordert werden, wie der straighte Rocker, der es gerne härter mag. Von allem haben Schizofrantik etwas zu bieten. Halt wie erwähnt in eigene Art und Weise verhackstückt und völlig blockadefrei.
„Ripping Heartaches“ eignet sich nicht für's Hintergrundhören, nicht zum Autofahren und nicht zum Stelldichein mit seiner Liebsten. Für konzentriertes Erarbeiten der Songs, Huldigen von mathematisch hochwertigen Gitarrenläufen und Entfesselungskünstler sind Schizofrantik wie gemacht und somit wahrlich in keine Schublade zu stecken. Faszinierend ist's irgendwie.
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