Autor: Kerbinator
Bewertung: 8 / 10
Die Kanadier Rush hatten bereits zwei Alben herausgebracht. Ursprünglich noch im 70er Jahre Hardrock verwurzelt, Led Zeppelin nicht unähnlich, fand 1975 mit “Caress of Steel” ein erster Wandel statt.
Zwar gab es immer noch reine Hard Rock Passagen, die Grundstrukturen wurden aber komplexer und abwechslungsreicher. Sänger Geddy Lee versuchte auf “Caress of Steel” noch mehr zu kreischen als zu singen, aber seine Stimme war von vorneherein nicht für aggressive Töne ausgelegt. So wurde seine Stimme schon früh zu einem Trademark von Rush.
“Bastille Day”, der Opener, ist noch sehr gitarrenlastig, die Vocals etwas rauh, der Refrain aber schon typisch Rush. Noch heute ist dieser Song Bestandteil von Konzerten der Kanadier. So etwas wie der erste kleinere Hit.
Auch “I Think I'm Going Bald" ist eher ein straighter Rocker inklusive hardrockigem Gitarrensolo. Doch mit “Lakeside Park” ändert sich das Album etwas. Der Track wirkt luftiger, die Gitarre verspielter und der Refrain um einiges melodischer.
Was folgt, sind zwei Longtracks, die bereits darauf hinweisen, was uns bei Rush bevorstand. Komplexere Songs, welche die Fähigkeiten der einzelnen Musiker noch mehr unterstreichen. Der erste der beiden Tracks, “The Necromancer”, beginnt ruhig mit einem Spoken Words Part steigert sich dann aber rasch in abgehackte Rhythmen und komplexere Strukturen. Ein ausufernder Gitarrenteil von Alex Lifeson zeigt dessen Klasse in wunderbarer Weise. Es folgt ein Break und ruhigere Töne, ein erneuter Spoken Words Part bis hin zum luftigen Solo am Schluss.
Der zweite Longtrack “The Fountain of Lamneth” reicht gar an die 20 Minuten Grenze heran. Es beginnt akustisch mit berührendem, balladeskem Gesang, wird auch hier aber rasch komplexer, inklusive faszinierendem Neil Peart Drumsolo. Da die beiden langen Nummern in einzelne Parts unterteilt sind, kann man Länge und Strukturen der Vielfalt im Songwriting gut nachvollziehen. Auch ziehen erstmals futuristische Fantasy-bzw. Science Fiction Themen in die Lyrics ein. By-Tor sei hier mal so als Name erwähnt. Ein Umstand, mit dem man Rush in Folge in Verbindung bringen sollte. Man denke nur an “2112”.
Mit “Caress Of Steel” hatten Rush erstmals 45 Minuten Musik herausgebracht, die immer spannender und vielfältiger wurde, auch wenn hier noch starke Hard Rock Tendenzen spürbar waren. Von den Keyboard-Sounds der späteren Alben waren Rush noch weit entfernt, rein mit Gitarrenarbeit wurde eine spürbare Atmosphäre geschaffen, was die Genialität eines Alex Lifeson unterstreicht. Auch für die Fans der 80er Rush-Alben ist “Caress Of Steel” eine Entdeckung wert, da die Band erstmals mit verschachtelten Songs aufhorchen ließ. Ein echter Klassiker im Schaffen der Kanadier.
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