VÖ: 22.03.2019
Label: Gentle Art Of Music
Autor: Kerbinator
Bewertung: 9 / 10
Nachdem man längere Zeit mit der Live-Show „Pink Floyd's The Man And The Journey“ unterwegs war, zuletzt drei Live-Alben herausgebracht hat und das letzte Studiowerk „Wanted“ bereits aus dem Jahre 2014 datiert, wird es also wieder einmal Zeit, neue Songs der bayerischen Progformation RPWL zu begrüßen. Deren sind es genau sieben Stück, zusammengefasst auf dem neuen Dreher „Tales From Outer Space“. Waren die letzten beiden Alben noch Konzeptwerke, ist dies diesmal nicht der Fall. Trotzdem haben alle Songs inhaltlich mit futuristischen Themen zu tun. Outer Space halt.
Natürlich haftet der Band um Gitarrist Kalle Wallner und Sänger Yogi Lang immer noch ein wenig der Vergleich mit Pink Floyd an. Es gibt schlechtere Referenzen und...wann gab es denn zuletzt ein Pink Floyd Album ? - Eben. Aber trotz mancher Annäherung an Gilmour und Co. besitzen RPWL seit jeher ihren eigenen Stil und bereits acht vergangene Studioalben kommen nicht von ungefähr. Musikalisch liegt man also im sehr melodischen und meist unaufgeregten Art-/Progrock verwurzelt, den man mit unglaublich hoher musikalischer Kompetenz und vielen Ideen immer variantenreich rüberbringt. So auch auf „Tales From Outer Space“.
Schon der Opener „A New World“ ist gleich mal fast 9 Minuten lang, fängt langsam an und erzeugt sofort Spannung. Die Gitarre von Kalle wird hier sehr rockig angeschlagen und erinnert ein wenig an das Schlußthema des IQ-Songs „Road Of Bones“. Yogi lässt seinen meist traumwandlerisch melodischen Gesang vom Stapel und der mehrstimmige Refrain zielt schon etwas in die Pink Floyd Richtung. Spacige Töne gehören zum Konzept (halt, es ist ja gar kein Konzeptalbum) und der spätere Synthie-Part erinnert gar ein wenig an die ersten Platten von Saga. Sehr starke Eröffnung mit der typsich elegisch singenden Gitarre von Kalle Wallner verfeinert.
„Welcome To The Freak Show“ beginnt ebenfalls langsam, es gibt Applaus (wir sind ja in einer Show) und der Refrain kommt äußerst erwärmend rüber. Mit leicht geisterhaften Klängen und melancholisch-melodischen Rhythmen spielen RPWL alles andere als „freaky“ und das Gitarrensolo ist wieder völlig „outstanding“. Der Song bleibt nachhaltig im Ohr, immer wieder erinnert man sich gerne an den Refrain. Das ist einfach nur mit Songwriting-Kunst zu beschreiben.
Der längste Track des Albums folgt mit „Light Of The World“. Hammond-Orgel und Gitarre beginnen den Reigen und führen zu einer Gitarren-Elegie, welche den kompletten Song hervorragend prägt und immer wiederkehrt. Der Gesang wirkt äußerst sphärisch, ein erneuter Vergleich zu Pink Floyd ist zulässig. Für weitere Abwechslung sorgen leicht symphonische Rhythmen inklusive Gitarre, die mich erneut ein wenig an alte Saga erinnern. Mit dem angesprochenen Gitarrenthema klingt dieser Longtrack stimmig aus.
Was das Infoblatt bei „No Place To Be“ als Horrostreicher bezeichnet, kann man am besten mit unheilvollen Klängen umschreiben, die ein schlechtes Gefühl beim Betreten eines fremden Planeten suggerieren. Auch wenn Yogi Lang sicherlich keinesfalls nach Peter Nicholls klingt, erinnert der Gesang ein wenig an IQ. Der Song an sich ist sehr groovig mit ruhigen Refrain und Akustikgitarre. Vielleicht plätschert das Ganze in den letzten zwei Minuten etwas zu sehr dahin. Trotzdem eine gute Nummer.
Ungleich fröhlichere Momente erfährt man bei „What I Really Need“, wo sich die Frage stellt, was man in der heutigen, konsumgesteuerten Welt wirklich braucht. Am Anfang etwas wavig wird’s alsbald rockig-flockig und es kommt einem irgendwie Marillion zur „Holiday in Eden“-Phase in den Sinn. Dazu passt auch die wiederum hervorragend „singende“ Gitarre von Kalle.
Ein weiteres, sehr langes Stück folgt mit „Give Birth To The Sun“. Mit ruhigem Beginn und futuristischen Klängen bringen RPWL den Song ein wenig in Eloy-Nähe und gönnen sich zudem einen langen, ausufernden Instrumentalpart zum Schluß. Der eigentliche Schluß kommt dann mit „Far Away From Home“. Wo einem beim Songtitel gleich Heimweh in den Sinn kommt, setzt Yogi Lang dies mit balladeskem Gesang inklusive Pianobegleitung adäquat um. Ein wieder starkes Gitarrensolo rundet „Tales From Outer Space“ ab.
Auch wenn das bunte Comic-Artwork etwas verwirrt, RPWL sind mit ihrem neuen Studioalbum stark zurückgekommen. „Tales From Outer Space“ hat alles, was der Fan von den Freisingern erwartet, aber auch erfrischende Ideen an Bord. Die Verbeugung vor Pink Floyd ist nach wie vor spürbar, aber eben auf typische RPWL Weise. „Seven Episodes Beyond Belief“ verheisst das Coverbild. Damit kann sich jeder Science-Fiction-affine Progrocker auseinandersetzen, wenn er die Lyrics liest. Musikalisch ist „Tales From Outer Space“ absolut over the top und überzeugt von vorne bis hinten mit starkem Songwriting und kunstvoller Umsetzung. Ein Muß für alle Freunde anspruchsvoller Rockmusik.
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