VÖ: 07.04.2023
Label: Time Zone Distribution
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8,5 / 10
Anfang der 90er Jahre gründete sich die Progressive Rock Formation Ricochet aus Hamburg. Zu Beginn noch mit Ähnlichkeiten zu Marillion und Dream Theater in der Schnittmenge zwischen Progrock und Progmetal musizierend, verfeinerte die Band allerdings ihren Stil recht schnell hin zum klassischen Rock mit Prog-Anleihen. So erntete man nach einer ersten EP im Jahr 1996 mit dem Album „Among The Elements“ durchweg positive Kritiken, was zum Mitwirken in der Fernsehserie Großstadtrevier und u. a. zu Autritten mit Yngwie Malmsteen oder bei Wacken führte. Dann kam lange nichts mehr. Im Kern sind Ricochet zusammegeblieben. Mit Michael Keuter ist allerdings seit 2011 ein neuer Sänger an Bord, der vorher mit der Uriah Heep-Coverband Easy Livin‘ unterwegs war. Auch Bassist Hans Strenge war nicht von Anfang an dabei, aber der Rest mit Heiko Holler (guitars), Jan Keimer (drums) und Björn Tiemann (keyboards) gehört zu den Gründungspfeilern der Band.
Nach einem weitern Album („Zarah – A Teardown Story“, 2005“) nehmen Ricochet jetzt einen neuen Anlauf mit einem aktuellen Album namens „Kazakhstan“. Und es beginnt mit einem klassischen Hardrock-Riff beim Opener „The Custodians“, sowie Drums und Klavierspiel. Die rauhe, tiefe Stimme von Michael Keuter fällt sofort positiv auf und auch der tolle, mehrstimmige Refrain macht gleich richtig Laune. Abgerundet mit einem melodischen Gitarrensolo, sowie leicht orientalischen Keyboard-u. Saitenklängen pendelt der stimmige Eröffnungstrack aus.
Mit Keyboard-u. Xylophonklängen steuert „King Of Tales“ mehr in dir progressive Richtung, ergänzt durch eine feine Hardrock-Hookline. Ein flottes Stück in der Schnittmenge von Hard-/Prog-Rock und mit hohem Gesang und ruhigem Orgelpart am Ende. Fast zehn Minuten lang briliert der nächste Song „Farewell“. Akustisch zu Beginn, fahren Ricochet langsame, stampfende Rhythmen auf, werden dann alsbald dynamischer mit tollem Twin-Gitarren-Solo, Keyboardwirbel und zwischendrin ruhigem, sphärischem Abschnitt. Wieder schimmert die Prog-Vergangenheit an vielen Stellen durch, was auch der Wechsel am Ende von elegischem zu intensivem Gitarrenpart belegt.
Ruhig beginnt „Interception“. Es folgt etwas poppiger Oh-oh-oh-Gesang, bevor es langsam härter wird und in einem melodisch schönen Kebybaordsolo gipfelt. Als groovige Abgeh-Nummer mit abgehacktem Gesang, klassischem Orgelpart und druckvollen Passagen schweift „Waiting For The Storm“ eher in die Classic Rock Ecke ab. Auch das mit Rock-Riff startende „Beyond The Line“ mit schleppend epischem Gesang und eingängigem Refrain tendiert zum klassischeren Rock mit einigen Tempiwechseln.
Nach langsam ruhigem Auftakt zeugt auch das etwas düsterere „Losing Ground“ von einer gesunden Mischung aus Hard Rock Härte, intensivem Refrain und groovigen Elementen. Gefolgt von dem Akustik Gitarren basierenden Melodic Rocker "Distant Shore“ und dem mit erneut orientalischen Vibes ausgestatteten, episch wuchtigen Düster-Stampfer „Kazakhstan“, der gleichzeitig den Abschluß des Albums bildet.
Den Abschluß eines wirklich hervorragenden Albums, dessen Songs munter von klassischem Hard Rock und Progrock hin und her pendeln, mit erfahrenen und qualitätsorientierten Musikern punkten und nebenbei noch einen tollen Sänger in den Reihen haben. Die Hamburger bewegen sich auf sehr hohem Niveau, zelebrieren mit spielerischer Leichtigkeit ihre dennoch anspruchsvollen Songs und dürften jedem Fan von erwachsenem Hardrock und nicht zu arg verspieltem Progrock gleichermaßen gefallen. Ricochet – eine Band, die absolut mehr Aufmerksamkeit verdient.
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