VÖ: 28.08.2021
Label: Jaggy D / Soulfood
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8,5 / 10
Den schottischen Sänger Ray Wilson nur auf diesen einen Jeans-Werbung Song („Inside“ mit Stiltskin) oder seine Mitgliedschaft bei dem einen (und immer noch letzten) Genesis-Album „Calling All Stations“ zu reduzierern, ist völlig überholt und grundverkehrt. Denn zum einen ist das alles schon fast 25 Jahre her und zum zweiten ist Ray Wilson seit dieser Zeit als Solokünstler unterwegs, bringt regelmäßig neue Studio-od. Livealben heraus und zeigt damit, daß er nach wie vor ein gefragter Künstler ist, der auch gerne für Live-Auftritte gebucht wird.
Mit „The Weight Of Man“ steht nun sein neuestes Werk an und der Titel sagt schon, daß es in den Songs vornehmlich um die Lasten der Menschheit geht, welche diese zu Lebzeiten zu tragen haben. Insgesamt 10 neue Songs hat der gute Ray dafür komponiert und zudem, man höre und staune, mit „Golden Slumbers“ sogar noch zusätzlich die Beatles gecovert. Hauptsächlich wirken die Songs eher entspannt denn aufgeregt, Singer/Songwriter-Köstlichkeiten halt, und leben vornehmlich durch den nach wie vor tollen Gesang.
Wie beim Opener „You Could Have Been Someone“ beginnen die Stücke meist ruhig, wie in diesem Falle mit viel atmosphärischen Backgrounds und steigern sich im Verlauf in puncto Intensität. Oft finden sich hier Querverweise zum Progrock, ab und an tatsächlich auch zu Genesis.
Wunderbare Melodien, mal mit mollartigen Gitarrenklängen und Elegien („Mother Earth“), dann auch mal nur mit gezupften Saiten und beeindruckenden Harmonien wie bei „We Knew The Truth Once“. Die Stilbreite von Ray Wilson hält sich begrenzt und dennoch überzeugen die Songs immer wieder auf's Neue.
Beim Titelsong kommt nach langsamem Aufbau und dem dunklen, ruhigen Gesang im Verlauf so etwas wie Fish Flair auf. Sehr atmosphärisch hätte dieser Song auch auf einem der letzten Alben von Derek William Dick stehen können. Die kurze Genesis Vergangenheit schimmert auch mal durch, und zwar bei „The Last Laugh“, einer Midtempo-Nummer mit guten Beats und leichtem Peter Gabriel-Touch im Gesang. Sehr oft kratzen die Songs an der Grenze zur Ballade, mal mit Akustik-Gitarre („Almost Famous“) oder in herzerwärmender Form mittels Piano + Flötenklängen („Symptomatic“). Beim Beatles-Cover wird sogar noch eine amtliche Violine integriert, welche neben Piano, Gesang und Drums die Hauptrolle spielt.
„The Weight Of Man“ ist somit eine weitere Sammlung wunderbarer, teils intensiver Kompositionen, mit denen Ray Wilson auch in Pandemiezeiten bei Live-Auftritten eine gute Figur abgeben wird. Die herausragende Stimme, der leicht progressive Ansatz und der plötzliche Anstieg an Emotionen...alles passt hervorragend zusammen und lässt keine Kritik an den musikalischen Kleinoden des Ray Wilson zu. Tolles Album dieses grandiosen Musikers.
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