VÖ: 19.06.2020
Label: Fearless Records / Spinefarm Records
Autor: Kerbinator
Bewertung: 7,5 / 10
Mit „Palimpsest“ erscheint dieser Tage das sechste Album der kanadischen Progmetaller Protest The Hero. Diese Band war noch nie so eine ganz einfache Band. Als Happy Go Lucky gegründet hat man beispielsweise beim Debut Album „Kezia“ über eine Frau gesungen, die von einem Erschießungskommando umgebracht wurde. Oder man wurde auch schon mal mit Rauschmittel erwischt, was den ein oder anderen eine anstehende Tour kostete. Und, und, und...
Auch musikalisch machen Protest The Hero es den Hörern nicht leicht. Was man so wunderschön mit Math Metal beschreibt ist in Wirklichkeit forderndes und kompliziertes Songwriting, welches Disharmonien anstelle Eingängigkeiten bevorzugt. Das ändert sich auch auf dem neuen Album „Palimpsest“ nicht. 10 Songs voller Wirrungen und Wendungen, aber auch mit überraschenden Melodien und versöhnlichen Momenten.
Das Album startet mit „The Migrant Mother“ atmosphärisch. Heftige Drums und vertrackte Rhythmen folgen aber alsbald. Sänger Rody Walker kreischt mehr, als das er singt. Wir sprechen von einer durchaus heftigen Eröffnung. Bei „The Canary“ offenbart Rody dann aber seine eigentliche Art zu singen. Etwas weinerlich und hoch im Klang geht die Stimme oft in Folge ins Hysterische über. Neben den komplexen Arrangements integriert die Band auch mal ein Break, welches durch verspielte Töne und ruhigen Gesang den Hörer beruhigt.
Die Gitarristen Luke Hoskin und Tim MacMillar bearbeiten ihre Saiten meist äußerst frickelig oder mit abgehackten Rhythmen. Disharmonien und Komplexität verknoten einem fast die Ohren. Dafür ist der Gesang beispielsweise bei „From The Sky“ sehr intensiv und auch hier sorgt ein diesmal moll-lastiges Break inklusive Piano für Ausgeglichenheit. Eine wunderschöne Passage zeigt zudem, welch tolles Melodieverständnis Protest The Hero prinzipiell besitzen.
Diese Mischung aus schwierig nachzuvollziehenden Klängen und eingängig melodischen Zärtlichkeiten ändert sich auch beim Rest des Albums im Großen und Ganzen nicht. Mal geht es etwas funkig mit schnellen Rhythmen und Baller-Drums zu („Reverie“), dann ertönen mal Computerspiel-Töne und es wird hektisch mit hysterischem Gesang am Ende („Little Snakes“).
Immer wieder sphärische Momente zwischendurch erhalten die Spannung und eine gewisse frickelige Fröhlichkeit („Gardenias“) kann auch schon mal mit kurzen Background-Growls unterlegt sein. Der Abschluß „Rivet“ ist dann noch das melodischste und harmonischste Stück mit sehr hohem Gesang von Rody Walker. Auch hier ist aber die Intensität des Songs enorm. Wie man das vom kompletten Album „Palimpsest“ behaupten kann.
Verstörend, fordernd, komplex auf der einen, intensiv, melodisch, freundlich auf der anderen Seite. Somit machen Protest The Hero für die Fans wieder alles richtig. Leute, die diese Band nicht kennen, müssen sich die Songs allerdings schwer erarbeiten. Doch es entfaltet sich letztendlich durchaus Faszination und man muß das durchdachte Songwriting einfach mal loben. Für Genre-Fans und die, die es noch werden wollen.
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