VÖ: 24.06.2022
Label: Music For Nations / Sony Music
Autor: Kerbinator
Bewertung: 9 / 10
Da die letzten Werke von Steven Wilson mitunter recht experimentell waren und auch nicht überall gut ankamen, konnte man gespannt sein, was Porcupine Tree mit ihrem elften Studioalbum „Closure/Continuation“ abliefern würden. Recht überraschend kam die Ankündigung eines neuen Albums schon, aber zu Pandemiezeiten hat man halt auch einiges an Zeit gehabt, sich wieder einem solchen Projekt zu widmen. Sieben neuen Songs (plus drei Boni in der Deluxe-Edition) haben Porcupine Tree erneut als Trio (neben Wilson natürlich Richard Barbieri und Gavin Harrison) eingespielt. Und was soll man sagen….der alte Spirit der Band ist absolut zurück.
Die Spannung in den Songs von Procupine Tree, die von grandiosen Melodien bis urplötzliche Zerrissenheit und Ausbrüchen leben, ist auch diesmal ausnahmslos in jeder Faser zu spüren. Dazu selbstverständlich das Ausnahmetalent der einzelnen Musiker und die hervorragend einfühlsame Stimme von Steven Wilson machen „Closure/Continuation“ zu einem wunderbaren Porcupine Tree-Album, das sich vor der grandiosen Vergangenheit nicht zu verstecken braucht.
Den Anfang mach das bereits weit im Vorfeld ausgekoppelte „Harridan“, welches als Appetizer des Albums den meisten Fans schon bekannt sein sollte. Eine kurze Basslinie und schon geht’s los mit den sphärischen Klängen, dem verklärten Gesang, aber auch den entrückten Passagen mit harten Gitarrenausbrüchen und ein wenig Programming. Der Refrain hat etwas von früheren Rush und auch der Wechsel von ruhigen und intensiven Parts erinnert leicht an die Kanadier. Auf jeden Fall ein würdiger Porcupine Tree Opener.
Mit Akustik-Gitarre und ruhigem, sowie wunderschönem Gesang beginnt „Of The New Day“. Die begnadeten Melodien und himmlisch sphärischen Backings nehmen unweigerlich gefangen. Steven Wilson lässt zudem viel Echo in den Gesang laufen, als Vorbereitung für eine kurze, heftige Passage, welche dem ruhigen Ende zuvorkommt. Stakkato Rhythmen, zerrissene Klänge, aber auch beinahe zärtlicher Gesang bilden die Quintessenz von „Rats Return“. Etwas geisterhafte Background Gesänge und die für Porcupine Tree nicht unüblichen Psychedelic Momente wissen zu überzeugen.
Jeder hat auf Alben so seine Favoriten. Subjektiv gesehen ist das für mich auf diesem Album ganz klar „Dignity“. Vom sphärischen Beginn mit warmem Gesang und Akustik-Gitarre über tolle Melodien und mehrstimmige Gesänge bis hin zu verstörenden Klängen und Bombast sowie Soundgewalt, erzeugt diese Nummer meterdicke Gänsehaut und gehört für mich zum besten, was Porcupine Tree je rausgebracht haben. Ein wahres Progrock-Monument.
Der vielleicht fordernste und disharmonischste Song folgt mit „Herd Culling“. Hier wechseln sich abgehackte Rhythmen, ruhiger Gesang und aggressiv harte Ausbrüche permanent ab. Das Stück ist in sich total zerrissen, dadurch aber auch mega-spannend inszeniert. Blubbernde Klänge und leicht verzerrt spartanischer Gesang weist „Walk The Plank“ auf, dem Steven Wilson in Folge mit sehr hohem Gesang, Klavier und sphärischen Backings seinen auch von Soloalben bekannten Stempel aufdrückt. Die fremdartigen, disharmonischen Töne zum Ende hin zeigen wiederum den Anspruch, den Porcupine Tree jedem Song überziehen.
Mit über neun Minuten lassen die Briten mit „Chimera’s Wreck“ noch einen Longtrack vom Stapel. Ruhig und verspielt am Anfang, kommen wuchtige Drums auf, der Song wird flotter und harte Gitarrenpassagen plus Orgel übernehmen. Ein Wah-Wah-Part und engelhafter Gesang führen wieder zum sphärischen Anfang zurück. Durch Piano lässt man den Song abrupt ausklingen.
Wie bereits erwähnt, enthält die Deluxe Edition noch drei Bonus-Tracks. „Love In The Past Tense“ passt sich mit toller Atmosphäre und Intensität dem Hauptalbum an, „Never Have“ gehört mit Piano und Orgelgeklimper mehr in die Kategorie „leichte Kost“. Der dritte im Bunde, „Population“, zeigt rein instrumental mit Percussions, Keyboards und harten Gitarrenanschlägen die Fähigkeiten der einzelnen Musiker noch einmal auf.
„Closure/Continuation“ ist ein erstklassiges und wahres Porcupine Tree Album. Zwischen wunderbaren Melodien, einigen Melancholien und Zerrissenheit wechseln die Songs und Themen hin und her. Alles grandios auf den Punkt gespielt und spannend aufbereitet, weiß ausnahmslos jeder Song zu überzeugen. Mit für mich persönlich dem Höhepunkt „Dignity“. Für (Prog)Fans sowieso absolut unumgänglich ist dieses Werk generell ein definitives Muß.
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