VÖ: 30.10.2020
Label: Metalville
Autor: Rainer Kerber
Bewertung: 9 / 10
Sie kommen aus der Rock-City St. Pauli. Ihr Wohnzimmer ist das , ein Musik-Club in der Großen Freiheit. Wo sie jedes Jahr mit Ihren Fans Weihnachten feiern, am 26 Dezember. Auf ihren Konzerten sammeln sie Spenden für Viva Con Agua und das Kinder-Hospiz Sternenbrücke. Gegründet wurden Ohrenfeindt im Dezember 1994 von Bassisten Chris Laut. Ihren Stil bezeichnet die Band selbst als “Vollgasrock”. Und genau das gibt es auch auf die Ohren – eine Mischung aus AC/DC und Rose Tattoo, dazu einige Prisen Led Zeppelin und Deep Purple. Bis zum Debüt-Album “Schmutzige Liebe” (2003) vergingen jedoch satte neun Jahre. Danach erschienen die Alben mit konstant-regelmäßiger Unregelmäßigkeit. Inzwischen kann man sich den neunten Langdreher “Das Geld liegt auf der Strasse” auf den Plattenteller legen.
Der Titelsong “Das Geld liegt auf der Strasse” steht gleich am Anfang. Geld macht zwar nicht unbedingt glücklich, kann aber die Nerven beruhigen, so ein bekannter Sinnspruch. Nur schlecht, wenn man es nicht aufheben kann. Und die Drei von der Waterkant machen das, was sie am besten können. geradlinigen schnörkellosen Rock. Und natürlich noch verfeinert von der Reibeisen-Stimme von Chris Laut. Also “Nich’ lang schnacken! Kopp in’ Nacken!”. Auch bei “Du brauchst Rock” machen Ohrenfeindt keine Gefangenen. Ein klassischer Rock’n’Roll Song mit Ohrwurm-Garantie. Und den eingängigen Refrain kann man sofort mitsingen, zumindest als Muttersprachler.
“Die Muse ist im Urlaub”, auf die Band trifft das sicherlich nicht zu, deren Muse war offensichtlich extrem inspirierend. Das zeigt dieser Midtempo-Stampfer ganz eindeutig. Also nichts mit Schreib-Blockade. Bei “Ich kümmer mich drum” hat der Hamburger Musiker Stefan Stoppok die Sprechstimme übernehmen. Seinem deutschsprachigen Folk-Blues ist es wohl auch zu verdanken, dass es Ohrenfeindt überhaupt gibt. Hier kann man den Sänger mit seinem Zweitinstrument genießen, der Mundharmonika. Außerdem hört man “Keule Rockt” mit Slide-Guitar, in bester Rose Tattoo Tradition.
“Hektik” macht dem Songtitel alle Ehre. Die Hektik, wenn auf dem Weg zum Job nichts geht, wird hier musikalisch hervorragend umgesetzt. Überragend ist auch “Motorcross im Treppenhaus”. Hier hat sich Chris von dem Emil (Steinberger) Sketch “Vater und Sohn” inspirieren lassen. Blues im Midtempo, und erneut mit Slide-Guitar. Das gibt dem Ganzen einen Anstrich von Southern Rock. Ich oute mich hier mal, ich liebe es, wenn die Gitarre mit Metallrolle (Slide-Bar) gespielt wird.
Nach dem mainstreamigen “Willst du mit mir gehen” wurde kurz vor Schluss ein kleiner Live-Mitschnitt aus dem bereits erwähnten Hamburger Grünspan eingebaut. Hier drehen die Musiker noch einmal so richtig auf. Das Original von “So nicht” findet sich auf dem 2017er Album “Zwei Fäuste für Rock’n’Roll”. Und diese Aufnahme passt auch vom Sound her super auf das Album, wurden doch die anderen Songs (zumindest in großen Teilen) live im Studio eingespielt. Mit der Ballade “Schlaflied” lassen Ohrenfeindt das Album ruhig ausklingen. Aber zum Einschlafen ist der Song noch lange nicht.
Seit mehr als 25 Jahren auf der Bühne und keinen Deut leiser. Das sind Ohrenfeindt im Jahr 2020. Auch der neunte Silberling der Hamburger ist voll mit Rock’n’Roll Hits. Vollgas-Rock’n’Roll eben. Dass diese auch live funktionieren, haben sie bei ihrer Release Show eindeutig unter Beweis gestellt. Bleibt zu hoffen, dass Chris, Keule und Andi auch weiterhin von ihrer/n Muse/n geküsst werden.
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