VÖ: 01.04.2017
Label: Triplebase Records
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8 / 10
„Die Ruhe vor dem Sturm ist längst vorbei“ - das scheint so ein bisschen der Aufhänger zu sein beim Debut-Album von Null Positiv. Diese Textzeile des Titelsongs „Koma“ trifft es dabei gut. Null Positiv sind eine Band, die in ihren Texten noch echt was zu sagen haben, auch wenn man mit den Lyrics versucht ist, jederzeit anzuecken, da eher das Gegenteil von der allzugern gesehenen „heilen Welt“ der Fall ist.
Ohne den Musikern zu nahe treten zu wollen, aber das Aushängeschild der Band, die ihren Stil mit Nu Metal von heute umschreibt, ist ganz klar Sängerin Elli Berlin, die mit derbem Geschrei, anmutigem Gesang und reizvollem Aussehen nahezu die ganze Palette draufhat. Schaut man sich alleine die Fotos der Dame an, ist man schon von einer unwiederstehlichen Gefährlichkeit gefangen. Hört man die Lady dann noch singen, bedarf es schon dem ein oder anderen starken Nerv, dies zu überstehen.
Das wird bereits beim Opener „Unvergessen“ deutlich. Mal versteht man durch das mit einigem Nachhall versehene Gekreische überhaupt nichts von den Texten, dann urplötzlich wieder doch und im nächsten Moment erklingt's ziemlich verzerrt. Musikalisch bieten Null Positiv eine Mischung aus Modern (Nu) Metal mit Industrial-Klängen, die äußerst kompromisslos auftritt. Zudem schafft die Band immer wieder eine durch Keyboards erzeugte Hintergrund-Atmosphäre und diverse Sound-Effekte tun ihre übriges. Mit Dance-Trance od. hitverdächtigen Themen hat man es hier nicht zu tun, eher muss man schon gewillt sein, den Ausbrüchen von Elli und Co. folgen zu wollen.
Bei „Koma“, mittlerweile auch als Video veröffentlicht, wechselt sich das Aggro-Gebrüll der Frontfrau mit elfenhaftem Frauengesang ab. Sehr brutale Screams stehen völlig im Gegensatz zu melodischen Spuren und sogar Piano-Klängen. Nein, Null Positiv machen es dem Hörer nicht einfach, in die Songs einzusteigen, auch wenn der Refrain, wie bei diesem Song klar und verständlich rüberkommt. Aber das macht irgendwie den Reiz der Band aus. Man weiß nie, was im nächsten Moment kommt, auch wenn sich die grundlegende Ausrichtung nicht sonderlich ändert.
„Das Virus in Dir“ spiegelt die heutige Neue Deutsche Härte Bewegung am ehesten wieder. Eine rockige aber aggressive Nummer mit eingängigem Refrain. Zum ersten Mal hört man hier zum Schluß hin symphonische Klänge. Ein Element, daß noch bei einigen Songs folgen soll.
Ziemlich abgefahren präsentiert sich dagegen wieder „Krieger“. Harte Core-Riffs mit Industrial Einschlag, gepaart mit melodischem Refrain a' la Doro (kein Witz !) und danach einfach nur „krank“ wirkende Passagen. Nein, der Fan freundlicher, blumiger Musik findet hier nicht sein Begehr.
Egal, ob es mal grooviger wird („Monster“) oder Elli mit teilweise laszivem Gesang betört („Hass“), die Songs bleiben bis zum Schluß eine Klasse für sich, die man sich allerdings schwer erarbeiten muss. Null Positiv sind so eine typische Hate-or-Love-it-Band. Man muss dunkle, düstere, teils apokalyptische Tendenzen mögen, um hier nicht das Album in die Ecke zu pfeffern, oder wahnsinnig zu werden. Die Band schafft es in nahezu jedem Song, ein kleines neues Schmankerl einzubauen. So beginnt „Unschlagbar“ fast cineastisch und man betreibt gesanglich das allseits beliebte Gut-Böse Spiel. Oder man gibt sich als Revoluzzer in „Zukunft ungewiss“, mit Aufmarsch-Chor und nahezu radiotauglich zwischendurch, wenn man das aggressive Gebell weglässt. Selbst eine Piano Ballade zum Schluß mit ruhigem Gesang, der sich epochal zum Ende hin steigert, wird mit „Wo Rauch ist, ist auch Feuer“ geboten. Ein Song, den man so nie und nimmer noch erwartet hätte.
„Koma“ ist ein schwer verdauliches Album, daß man sich, wie erwähnt, erarbeiten muss. Ob man hier von Nu Metal, Industrial, Dark-/Goth-Rock oder sonstwas spricht,
ist dabei egal. Alleine das Gekreische von Elli ist so extrem, daß sich hier schon der ein oder andere ausklinkt. Mir persönlich passt's gut, denn dadurch beeindruckt Null Positiv ohne Wenn und
Aber. Also...die Musik von Null Positiv ist quasi....null positiv. Aber alle Negativität wird durch Aggressionsabbau und gesteigerter Härte in positives Hören umgelegt, was den Hörer nicht
runterzieht, sondern zufrieden zurücklässt. Wenn...ja wenn man sich Elli und Co. von Anfang an hingezogen fühlt. Gefährliche Frau, coole Band, wie ich finde absolut
lohnenswert.
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