VÖ: 27.03.2015
Label: Nuclear Blast
Autor: David Kerber
Bewertung: 3 / 10
Es war viel los im Hause Nightwish in den letzten Jahren. Erst die Trennung von Tarja, dann die Verpflichtung der bis dato eher unbekannten Sängerin Anette Olzon, ein aufwändiges Filmprojekt, erneut die Trennung von der Sängerin und nun mit Floor Jansen die Verpflichtung einer gestandenen Sängerin mit hoher Ausstrahlung und Präsenz. Zwischendurch wurden natürlich auch mehrere Alben veröffentlicht und ausgiebig getourt. Nun stand also das lang ersehnte erste Album mit Sängerin Nummer 3 drei an. Die Vorschusslorbeeren waren gewaltig, alles sollte besser werden als bisher, gar vom besten Output der Bandgeschichte wurde von den Musikern geredet.
Die Enttäuschung, als ich das Album das erste Mal hörte, war jedoch gewaltig. Beim zweiten und dritten Mal wurde es auch nicht viel besser. „Endless Forms Most Beautiful“ ist für mich leider eines der schlechtesten, wenn nicht gar das schlechteste, Album der Bandhistorie. War „Dark Passion Play“ nach dem Überalbum „Once“ noch ziemlich gut, wurde es mit „Imaginaerum“ deutlich schwächer und findet es mit dem vorliegenden Album seine Fortsetzung. Der tiefe Fall nach dem Höhenflug.
Überwiegend 08/15-Songs, die nach dem Hören sofort wieder aus dem Kopf verschwinden, die orchestralen Arrangements sowie die Folkelemente von Troy Donnockely zünden nicht wirklich und wirken teilweise merkwürdig bemüht und aufgesetzt und die Gesangslinien von Floor bieten auch nicht wirklich viel Neues. Die meiste Zeit singt sie in Anette-Sphären und ihr voller Stimmumfang wird nur ganz selten, wenn überhaupt, ausgenutzt. Auch wirkt es so, als wenn Floor mit dem recht eindimensionalen Gesang unterfordert und gelangweilt ist. Der für mich beste Song des Albums ist mit „The Eyes of Sharbat Gula“ bezeichnenderweise ein Instrumentalstück, wenn man von den Harmoniegesängen absieht.
Spannender Songaufbau, unheimliche Atmosphäre und fast schon mystische Elemente machen diesen Titel zu Hörgenuss. Im Prinzip könnte es auch Teil einer Filmmusik sein und wenn man die Augen schließt, kommen unweigerlich zur Musik passende Bilder in einem hoch. Aber auch der mit knapp 24 Minuten längste Titel „The Greatest Show On Earth“ hebt sich durch gute Arrangements vom ansonsten gebotenen Einheitsbrei ab. Die stärksten Momente hat das Epos zwar auch in den instrumentalen Passagen, aber auch die Gesangslinien von Floor und Marco sind deutlich besser als auf den übrigen Songs. Hier blitzt das ganze kompositorische Können von Tuomas am ehesten auf. Und dass Tuomas in der Hinsicht noch einiges auf dem Kasten hat, hat er ja auch mit seinem (überwiegend) instrumentalen Solo-Projekt bewiesen.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, ich gehe hier vom über die Jahre (zu Recht) stetig gewachsenen sehr hohen Nightwish-Standard aus. Ohne diesen Standard würde ich bedenkenlos zwei, drei Punkte mehr vergeben und es als solides, ausbaufähiges Album einstufen. Aber für Nightwish-Verhältnisse kann ich hier nicht mehr Punkte geben, da ich weiß, dass die Band es deutlich besser kann. Vielleicht wäre es auch mal an der Zeit, die anderen Bandmitglieder stärker ins Songwriting einzubeziehen, da es bei Tuomas anscheinend Abnutzungserscheinungen gibt.
Kommentar schreiben