VÖ: 26.02.2021
Label: Napalm Records
Autor: Kerbinator
Bewertung: 9,5 / 10
Von Alben auf die man sich freut, auf die man lange gewartet hat, wird man nicht selten enttäuscht. Doch das trifft definitiv nicht auf das neue Album „Hermitage“ der Portugiesen Moonspell zu. Vielmehr wage ich zu behaupten, daß hier die neue Referenz im Dark Rock-/Metal vorliegt. Denn was Moonspell auf dem neuen Album abliefern, ist schlicht und ergreifend sensationell.
Die Band hat noch nie ein Album herausgebracht, welches so klingt wie ein anderes, behält aber dennoch immer ihren ureigenen Sound bei. Das letzte Werk „1755“ beispielsweise behandelte ja ein geschichtliches Thema aus dem Heimatland von Moonspell, war in portugiesischer Sprache gehalten und kam aufgrund des Themas auch im einzelnen härter als sonst rüber. Anders nun bei „Hermitage“. Das Album wirkt ruhiger, nachdenklicher als bisher, bringt aber alles mit, was man an Moonspell so liebt. Man kann sogar sagen, ein wenig beeindruckender und intensiver noch.
Eine Neubesetzung gibt es zudem zu vermelden. Den Drumhocker besetzt ab sofort Hugo Ribeiro anstelle von Langzeitdrummer Miguel Gaspar. Das Album legt mit dem fantastischen „The Greater Good“ los. Mystisch dunkel beginnend und mit ruhigem Gesang von Fernando Ribeiro. Der Song nimmt alsbald Fahrt auf und beeindruckt mit starken Gitarrenmelodien von Ricardo Amorim. Fernando lässt es sich aber nicht nehmen, zwischendurch seinen derben Brüllgesang zu integrieren, den man von ihm kennt und der die Songs an sich an Härte und Intensität wachsen lässt. Die erste Single Auskopplung „Common Prayers“ fällt in eine ähnliche Kategorie. Wuchtige Drums und Bässe liefern einen starken Rhythmus, dem man sich nicht entziehen kann. Der Refrain versinkt in Düsternis und verdammt geile Keyboard Klänge (Pedro Paixao) verursachen wohlige Gänsehaut.
Beim über 7-minütigen „All Or Nothing“ zeigt Ricardo, daß David Gilmour ein großer Einfluss für ihn bedeutet. Denn die elegischen Klänge und Gitarrenmelodien lehnen sich an den Meister an und strotzen nur so vor Erhabenheit. Hier zeigt sich zudem, welch tollen Sound „Hermitage“ generell auffährt und der langsame Groove, die teilweise geflüsterten Vocals benebeln die Sinne und ziehen dich in die Musik hinein. Eher härter und im üblichen Moonspell Stil ertönt der Titelsong. Amtliche Riffs, aggressiver Gesang, sowie pumpende Rhythmen scharauben den Härtegrad nach oben. Sehr druckvoll und intensiv.
Etwas verklärt beginnt „Entitlement“, dem Fernando ruhige, sowie wavige Gesangslinien hinzufügt. Der Track arbeitet mit einigen Breaks, was sich in Dynamikanderungen äußert. Herausragende Synthtie-Parts, sowie sphärisch elegische Gitarrenmelodien, inklusvie Weltklasse-Solo, scheinen nicht von dieser Welt zu sein. Es folgt das erste von zwei rein instrumentalen Stücken. „Solitarian“ erzeugt mit hartem Anschlag mittels Drums und Keys vorzügliche Dramatik. Mehrstimmiger Chorgesang eröffnet dagegen „The Hermit Saints“, mit zusätzlichen Oh-Oh-Oh Chören im Background. Auch der Refrain bleibt mehrstimmig, so daß die Nummer trotz vereinzelter Aggressionen von Fernando recht eingängig und harmonisch verweilt.
„Apophtegmata“ lässt ruhiges E-Piano erklingen, begeistert mit dunklen Elegien und bezaubert mit hohem, dennoch düsterem Gesang. Etwaige Elektronika und Programming im Back, sowie Stakkato-Riffs haftet eine modernere Ausrichtung an. Dennoch ist auch dieses Stück eines mit viel Atmosphäre. Das Album lässt auch mit „Without Rule“ keinen Millimeter nach. Langsame, düstere Gitarrenparts, atmosphörische Keys, dunkler Chorgesang plus Kirchenorgel...es passiert viel bei Moonspell im Jahr 2021. Der Wechsel von ruhigen zu dynamischen Passagen kriegt man besser nich hin und die Progression zieht sich hin bis zum dramatischen Ende mit Hammer-Drums.
Mit Piano und düsteren Back-Sounds lassen uns Moonspell mit „City Quitter (Outro)“ aus dem Album entweichen und man bleibt mit offenen Mündern zurück. Das Gehörte lässt einen erst mal nicht los, und man ist geneigt, gleich wieder von vorne zu beginnen um den Sog, in denen die Portguiesen uns gezogen haben, wieder zu erreichen.
„Hermitage“ ist etwas ruhiger als vieles, was man von Moonspell bisher gehört hat. Dennoch ist der Stil der Band unverkennbar und man hat die besten Gitarrenparts aufgefahren, die es seit Anbeginn der Band gegeben hat. Das Album ist an Spannung, Dynamik und erhabener Melodik kaum zu überbieten und auch wenn man den derben Shouts von Fernand Ribeiro bisher nichts abgewinnen konnte, muß man auch in dieser Hinsicht seine Meinung revidieren. Ein überragendes Album im Düstermetal, daß wahrscheinlich nur noch von der Band selbst getoppt werden kann.
Kommentar schreiben