VÖ: 14.06.2019
Label: Pure Steel Records
Autor: Kerbinator
Bewertung: 7 / 10
„Frevel“ ist anders. Anders als die vorherigen Alben der österreichischen Avantgarde Rocker Mayfair. Von dieser Band, welche mit „Die Flucht“ 1995 ein bemerkenswertes, einschneidendes Album in der Schnittmenge von Düsterrock und Prog herausbrachte, kam ja 2013 mit einem neuen Album („Schlage, mein Herz, schlage“) heraus, womit niemand mehr gerechnet hatte. Und auch mit „My Ghosts Inside“ (2016) führte man den eingeschlagenen Weg fort.
Wiederum drei Jahre später kommt also „Frevel“ und als erstes fällt auf, daß im Gegensatz zur Vergangenheit nun alle Songs in deutscher Sprache interpretiert werden. Auch musikalisch sind Mayfair etwas anders unterwegs. Die progressiven Phasen und Passagen sind fast gänzlich weg, die Songs mitunter eher entschlackt und in abgespeckter Instrumentierung gehalten. Vom Härtegrad bewegt man sich ungefähr auf Marius Müller Westernhagen Niveau, was auch durch die deutschen Texte unweigerlich als Assoziation hochkommt.
„Evil Christin“ besticht als Opener durch eigenwilligen Songaufbau und lässt durchblicken, daß bei Mayfair nach wie vor bissige, zeit-u. sozialkritische Themen an der Tagesordnung sind. Gitarrist Rene begleitet mehr als das er soliert, ab und an kommt aber dennoch ein harscher Ausbruch durch, welcher den Härtegrad nach oben zieht. Ebenso im Gesang von Mario Prünster, der neben seinen klaren, zerbrechlichen Stimmvorgaben auch ab und an aggressive Schreie anbietet.
„Ungetaktet“ besticht durch eingängige Uneingängigkeit, lässt viel Spielraum zum Nachdenken, ist aber genauso wie „Himmel in Gefahr“ oder „Atme (Frevel)“ trotz aller Melancholie und grauer Färbung in gediegene Bahnen gelenkt. „Annelise“ lässt einen beinahe schmunzeln, folgt man den Lyrics. Hier geht’s allem Anschein nach um die Hörigkeit an eine Frau, die es am besten versteht, mit ihren Fäusten zu argumentieren. Scharfzüngig, aufrüttelnd....eben typisch Mayfair.
Fast schon als Seemannslied geht der Rausschmeißer „Das Ufer hat Zeit“ durch. Man fühlt sich praktisch in den Protagonisten versetzt, der es genießt, draußen auf See zu verweilen und nicht in den Alltag am Ufer zurück will. Eine einfühlsame aber jederzeit harmonische Nummer, die den Hörer nach allerlei gehetzter und schmerzender Gefühlswelten versöhnt.
Mayfair sind nach wie vor Mayfair....völlig klar. Dennoch kann man auf „Frevel“ die Atmosphäre der vergangenen Alben durchaus vermissen. Die 11 Songs bewegen sich mehr auf Singer/Songwriter Niveau und wechseln sich nicht unbedingt spannungsgeladen ab. So geht etwas die Faszination der Band verloren, der man aber zugestehen muß, auch mal andere Pfade betreten zu dürfen. Der Biß, der Zynismus ist immer noch da auf „Frevel“, diesmal in veränderter Art und Weise präsentiert.
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