VÖ: 06.11.2020
Label: Apollon Records
Autor: Kerbinator
Bewertung: 7,5 / 10
Matterhorn – das ist doch endlich mal ein zünftiger Bandname. Aber nein, dieses Trio ist mitnichten aus der Schweiz, sondern kommt aus Trondheim/Norwegen. Auch haben wir es nicht mit Alpenfolklore oder Heimatmusik zu tun, sondern mit melodischem Progrock, der nicht selten in die 70er Jahre zurückreicht. Matterhorn sind die Idee von Songwriter und Sänger Tommy Sebastian Halseth (ex-Griffin, ex-Atrox, ex-Manes), der 2013 mit den ersten Songideen ankam, aus denen dann die Band entstanden ist.
„Outside“ heißt das erste Album und ist keinesfalls Progrock von der Stange. Gleich zu Beginn mit dem Titelsong integrieren Matterhorn Blasinstrumente, zerstreute Klänge, verzerrte Gitarren, aber auch schöne Melodien mit leicht orientalischen Vibes. Darüber liegt die zerbrechlich wirkende, warme Stimme von Tommy. Ein nicht ganz einfach zu verdauender Einstieg.
Das Album verbleibt in Folge meist in ruhigen, ausgeglichenen Gewässern. „Aura Noire“ startet mit Akustik-Gitarre und immer öfter legt man mehrstimmige Gesangspassagen zugrunde. Auf Basis einer tollen Melodie spendiert Andreas Stunes wuchtiges Drumspiel, Tommy Sebastian Halseth integriert erzählerische Vocals und Gitarrist Edvin Matthieson lässt ein hochmelodisches Solo folgen. „Bruit Blanc“ erinnert mit seinem langsamen Aufbau, dem markanten Orgelspiel und dem mit viel Echo unterlegten Gesang ein wenig an alte Genesis der 70er Jahre. Etwaige Ah-ah-ah-Chöre und ein reichlich krudes Gitarrensolo inklusive Orgelbegleitung bleiben weit entfernt von jeglichem Kommerz.
Mit über 8 Minuten setzt „Aorta“ nach verklärtem Anfang und Flüstervocals einen Longtrack in Gang, der aufgrund des Gesangs sogar an späte 60er Jahre erinnert. Eine elegische Violine und Chorgesang bis hin zur wunderschönen Gitarrenlinie wissen zu begeistern. Auch „Last Page“ setzt das Motto des langsamen Starts und der schönen, warmen Melodien fort. Der recht hohe Gesang klingt gut und zum Ende wird die Nummer dynamischer.
Trademarks, die man auch bei „Oceana“ wiederfindet. Atmosphärischer Sound, teilweise durch Akustik-Gitarre erzeugt untermalen den Duett Gesang von Tommy mit einer weiblichen Person. Erstmals ertönen richtige Synthies, für die ebenfalls Drummer Andreas Stunes verantwortlich zeichnet. Dies bedeutet eine kleine Spur Neo-Prog, ohne großartigen Bombast. „Silhouette“ lässt zuerst weitere Akustik-Gitarrenmomente los, wird aber zunehmend flotter und zum Ende hin mit dazugehörigem Solo weitaus rockiger als alle Nummern zuvor.
Bleibt noch zum Abschluß das in Landessprache gesungene „Doden og meg“, das im Prinzip nur aus spärlichem Gitarrengezupfe, diversen „Heimat“-Vocals und kleinem Chor besteht. Netter Ausklang. Matterhorn sind keine gewöhnliche Prog-Band. Sie kombinieren betagtere Sounds mit neueren Elementen und lassen somit Jahrzehnte progressiver Musik einfließen. Meist in ruhigem Fahrwasser schippernd sind die Songs keinesfalls langweilig, sondern fordern ab und zu Konzentration ab. Generell aber kann man den Norwegern entspannt zuhören. Schönes und interessantes Album.
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