VÖ: 04.10.2019
Label: Südpol Music
Autor: Kerbinator
Bewertung: 7,5 / 10
Einer Band wie Maerzfeld wird man unweigerlich den Stempel der Neuen Deutschen Härte aufdrücken und da man parallel schon seit Jahren als Rammstein-Tribut Band Stahlzeit unterwegs ist, liegen die Einflüsse natürlich auf der Hand. Dennoch sind die Franken mehr denn je bemüht, sich von den Vergleichen zu emanzipieren, was mit dem Vorgänger „Ungleich“ bereits eingeläutet wurde und nun mit dem vierten Album „Zorn“ seinen Fortgang nimmt.
Wo sich Rammstein anno 2019 im Prinzip nur noch selbst inszenieren und mit durchkalkulierten Songs, Videos und Shows Erfolg über Erfolg feiern, stehen Maerzfeld da, wo man vor Jahren die Basis legte. Industrial Metal orientierter Deutschrock mit kernigen Texten und flüssigen Soundwänden. Klar, an Sänger Heli Reißenweber kann man sofort die Zugehörigkeit zur NDH festmachen. Er klingt in seiner meist geradlinigen Stimmlage, die weder großartig nach oben oder unten ausschlägt, wie viele seiner Amtskollegen. Dennoch würde ich die Musik von Maerzfeld, die sich nach einem Versammlungsort der fränkischen Merowinger benannt haben, eher in Richtung Hämatom oder Eisbrecher sehen, da gerade im Bereich der Gitarrenarbeit (mit Matthias und Mike Sitzmann hat man gleich zwei Gitarristen an Bord) trotz der Saitenstimmung zum Industrial ordentlich gerockt wird.
Immer wieder von Synthieklängen unterstützt oder eingeleitet, dampfen der Opener „Zorn“ und „Ohrblut“ sofort los. Der Sound ist überragend fett und man hat nicht den Eindruck, daß Maerzfeld viel dem Programming überlassen haben. Die Band klingt in meinen Ohren um einiges organischer als viele Kollegen und das macht einen gewissen Reiz aus. Natürlich werden auch die ein oder anderen modernen Samples eingewebt, diese dienen aber eher begleitender Stimmungen denn großartiger Effekthascherei.
Dennoch gibt es auf „Zorn“ Songs die besser funktionieren, sofort ins Ohr gehen und hart/wuchtig ins Gebälk krachen, aber auch solche, die eher durchschnittlicher Natur sind. Gerade zum Ende hin schwächelt das Album etwas mit dem auf den Refrain hin überfrachteten „Menschling“, dem harten aber etwas uninspierten „Die Welt reißt auf“ und dem poppigen, mit Industrialklängen vertonten Münchner Freiheit-Schlager „Zeig mir die Nacht“. Obwohl ich mir nicht sicher bin, daß dies der Text auch im Original war, denn so anzüglich kennt man die Schlagertruppe eigentlich nicht.
Wobei man generell sagen kann, daß Maerzfeld gerade in puncto Lyrics keinerlei Blatt vor den Mund nehmen. „Reich“ und das mit Kinderstimmen und Spieluhr durchsetzte „Einer wie Alle“ hält der Gesellschaft eindeutig den Spiegel vor und könnte die feine Welt der neuen Möchtegern-Promis unter uns peinlich berühren. Und Songs wie „Flammenhände“ oder „Schwarzer Schnee“ zeugen ebenfalls davon, daß die Franken sich wahrlich Gedanken um zeitkritische und anklagende Lyrics machen.
Alles in allem ist „Zorn“ ein etwas anderes NDH Album, daß man trotz leichter Schwächen am Ende zwar auch jedem Rammstein-Fan empfehlen kann, aber auch denen, die Deutschrock noch ohne das ganze Brimborium und den Firlefanz von Rammstein im Industrial Metal Stil geniessen können. Die Jungs operieren im bereiteten (Maerz)Feld mit eigener Note und daher ist „Zorn“ eine frische, angenehme Abwechslung.
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