VÖ: 12.01.2018
Label: Inside Out Music
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8,5 / 10
Kayak sind Urgesteine des niederländichen Progressive Rocks. Bereits 1972 gegründet hat es die Band bisher auf 16 Alben gebracht. Natürlich hat an Kayak auch der Zahn der Zeit genagt und man hat während des Bestehens einiges an Musikern, inklusive Sängern, verschlissen. Am bekanntesten hierbei vielleicht der Sänger der Frühzeit, Max Werner, der in den 80ern einen Solo-Singlehit mit dem Song „Rain in May“ hatte. Im Jahr 2015 haben die letzten beiden Sänger, Edward Reekers und Cindy Oudshoorn (ja, eine Frau), gleichzeitig ihren Rücktritt aus der Band erklärt, so daß man für das nun erscheinende, siebzehnte Album, schlicht „Seventeen“betitelt, einen neuen Sänger mit Bart Schwertmann begrüßt.
Mainman von Kayak und gleichzeitig einzig verbliebenes Gründungsmitglied ist Keyboarder Ton Scherpenzeel, der zwischendurch auch mal bei der Band Camel aktiv war. Und Camel's Andy Latimer ist auf diesem Album auch als Gast dabei, und zwar beim einzigen Instrumental „Ripples On The Water“. Desweiteren ist auch Kristoffer Gildenlöw (Pain Of Salvation) mittlerweile bei Kayak aktiv, erscheint aber auf „Seventeen“ lediglich nur bei einem Song („Cracks), da Ton Scherpenzeel neben den Keyboards auch den Bass bedient.
Das Album fokussiert sich auf schönen, einprägsamen Melodien, die hauptsächlich via Piano, Keyboard und Synthies erzeugt werden. Hier macht sich der Einfluss von Scherpenzeel stark bemerkbar, da er generell die Richtung vorgibt. Aber auch Neu-Gitarrist Marcel Signor liefert ordentlich ab und zaubert durch sein einfühlsames, nie aggressives Spiel viele wunderschöne Saitenklänge hervor, die teilweise auch eines John Mitchell oder Steve Rothery würdig wären.
Sänger Bart Schwertmann besitzt eine beruhigende, warme Stimme, die in den ruhigsten Momenten vom Timbre her durchaus an Galahad's Stuart Nicholson erinnert, ohne allerdings dessen ganz große Charismatik in der Stimme. Auf jeden Fall ein guter, passender Sänger, der die Songs mit seinem eigenen Glanz veredelt.
Herzstück von „Seventeen“ sind sicherlich die drei Longtracks „La Peregrina“, „Cracks“ und „Walk Through Fire“. Kayak verstehen es, Songs mit solcher Länge flüssig zu inszenieren ohne zu langweilen. Dabei geht es nicht um zig Breaks, die man einbauen muss, sondern um die Erzählung der Songs an sich. Dementsprechend findet sich auch in den langen Stücken jederzeit der rote Faden wieder und auch hier liegt das Augenmerk auf Melodien und Harmonien. „Cracks“ ist vielleicht einen Tick dramatischer aufgebaut als die anderen beiden, aber dennoch jederzeit songdienlich.
Der Opener „Somebody“ bietet einen recht mainstreamigen Einstieg und könnte aufgrund seiner Geradlinigkeit und AOR Faktors als Single gedacht sein. Auf jeden Fall ist der progressive Anteil in diesem Song noch mit am geringsten. Wie gesagt, Tasteninstrumente in jeglicher Form durch Ton Scherpenzeel prägen die Songs und dennoch lässt man genügend Raum für Ideen, wie beispielsweise die Akkordeon-Themen bei „Love, Sail Away“.
Mit dem finalen „To An End“ ist Kayak noch eine gänsehautforcierende Ballade gelungen, die gerade durch Bart's Stimme wunderbare Entfaltung geniesst. Ein warmherziger Abschluß eines melodisch/hamonischen Progressive Rock Albums. Mit „Seventeen“ richtet sich Ton Scherpenzeel personell neu aus und spricht ganz offiziell von einem Neubeginn. Diesen kann man als sehr gelungen bezeichnen, denn der leicht verdauliche Prog, den Kayak bieten ist Ear-Candy vor dem Herrn. Selten habe ich ein Album gehört, daß egal ob mit Sologesang oder Yes-mäßigem Chorgesang, sowie kurzen Gitarrensoli und breitwandigen Tastenklängen soviel melodisches Feingefühl beinhaltet. Zwar entfalten sich einzelne Feinheiten auch erst nach mehrmaligen Hören, dennoch gehen die Songs von „Seventeen“ sofort ins Ohr.
Ein echtes Vorzeigewerk einer gestandenen, renommierten Band.
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