VÖ: 25.02.2022
Label: Gentle Art Of Music
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8,5 / 10
Durch die Pandemie mehr oder weniger „eingesperrt“ zu sein mit seinen Instrumenten ist nicht das Ding von Kalle Wallner. Die Proginstitution aus deutschen Landen, der zusammen mit Yogi Lang auch das Gentle Art Of Music-Label betreibt, bleibt umtriebig genug und hat mal kurzer Hand ein neues Soloalbum aus dem Ärmel geschüttelt. Diesmal nicht unter dem Blind Ego-Banner sondern unter seinem Namen und bis auf einen Track auch rein instrumental gehalten. Sinnigerweise heißt das Album „Voices“. Stimmen werden zu Tönen, Töne werden zu Stimmen…so in etwa der Ausdruck des Titels.
Kalle selbst natürlich an der Gitarre, aber auch für Bass/Kebyoard und Programming zuständig, hat sich die „üblichen Verdächtigen“ für das neue Album hinzugeholt. Selbstverständlich Yogi Lang als Keyboarder, den in Prog-Kreisen hinreichend bekannten Drummer Marco Minnemann, Arno Menses (Subsignal) für den einzig gesungen Part („Three“) und Tanyc (kurze Stimme bei „Six“). Ist Blind Ego eher rockig ausgerichtet, geht Kalle Wallner auf „Voices“ mehr den progressiven, atmosphärischen Weg. Sieben Songs sind’s geworden und Dominik Aigner hat dazu tatsächlich auch noch Kurzstories verfasst. Diese liegen mir leider in der Promo nicht vor, sollten aber im Booklet nachzulesen sein.
Es geht los mit „One“…ja, die einzelnen Songs sind quasi durchnummeriert, und Soundsamples sowie Synthiespielereien. Doch Kalle’s unnachahmliches Gitarrenspiel setzt alsbald ein, erst durch ein recht einfach gehaltenes Rock-Riff, dann mit wunderbaren Melodien. Immer wieder unterbrechen die Keyboards den Gitarren-Fluss, bis ein frickeliger Part gänzlich übernimmt.
Bei „Two“ liefert Wallner sehr hohe Gitarrenklänge zu Beginn und Marco Minnemann unterlegt das Ganze mit starken Drums. Immer wieder werden teils ruhige und verspielte Breaks eingestreut, die zum Ende hin, wenn die Nummer flotter wird, sogar ein wenig an Saga erinnert. Feinste Gitarrenmelodien gibt’s auch bei „Three“ zu hören, dem wie erwähnt Arno Mensen seine tolle Stimme geliehen hat. Teils mehrstimmig und eingängig hat es natürlich einen latenten Subsignal-Touch. Auch das Solo von Wallner zeigt wiederum seine einzigartige Klasse.
Zerfahrener wirkt dagegen „Four“ mit Programming zu Beginn und Stakkato Rhythmen. Singende Gitarren und ein sphärischer Part mit Akustik-Klampfe beruhigen einstweilen, bevor ein recht hartes Gitarrensolo auftrumpft. Auch „Five“ lässt zu Beginn rockig und mit wuchtigen Drums die Muskeln spielen, bevor ein legerer, ruhiger Part und eine wunderbare Gitarrenmelodie die Wellen glättet.
Bei „Six“ unterstützt, wie erwähnt, Tanyc die Szenerie. Viele verschiedene Tempiwechsel verraten die Progressivität dieses fast 10-minütigen Stücks. Von einem Slide Gitarren Part über hochmelodische, gar berührende Gitarrensequenzen und immer härter, intensiver werdende Klänge steigert sich der Track bis zum wummernden Ende. Progressive Rock vom besten.
Das längste Stück mit über 11 Minuten folgt dann zum Schluß. Abweichend daher auch „Seven.Out“ betitelt, wird durch ein ruhiges, welliges Keyboardintro eröffnet, mit elegischen Gitarrenmomenten in ruhigen und melodischen Berührungen geschwelgt. Richtig aus sich raus geht dieser Song nie, eher faszinieren eingängige Melodien und ein grandioser Slide-Part.
Was soll man zu einem Album sagen, das von einem großartigen Musiker mit großartigen Gästen inszeniert wird ? „Voices“ ist dem Ideenreichtum eines Kalle Wallner „geschuldet“, der anscheinend nie zur Ruhe kommt und neben seiner Hauptband RPWL und dem Label sowie Studio immer auch in Soloalben seine musikalischen Visionen auszudrücken weiß. Dann kommt halt solch ein starkes Instrumental-Werk wie „Voices“ dabei heraus, welches Musiker und Progressive Rock-Fans gleichermaßen erfreuen wird. Tolles Album, welches keine großartige Eingewöhnungszeit braucht.
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