Autor: Kerbinator
Bewertung: 8 / 10
Was wurde (erwartungsgemäß) ein Hype um das neue Judas Priest Album „Firepower“ gemacht. Klar, die Heavy Metal Fans erwarten solche Alben sehnlichst und erwarten mit jedem neuen Werk, welche Priest veröffentlichen, eine hoffentliche Rückbesinnung auf die glorreichen 80er/90er Jahre.
Diesmal wurden die ersten Klänge, die veröffentlicht wurden, regelrecht abgefeiert bei den Fans und bei der schreibenden Presse. Der Vorgänger „Redeemer Of Souls“ musste als Vergleich sofort herhalten und wurde als halbgares Werk abgestempelt. Aber warum ?
Selbst nach mehrmaligem Hören von „Firepower“ kann ich den überbordenden Hype nicht ganz verstehen. Und meiner Meinung nach ist das Album nicht unbedingt besser, aber auch nicht schlechter als der Vorgänger. Dazu muß ich sagen, daß ich „Redeemer Of Souls“ überzeugend fand.
Auffällig ist sicherlich, daß Priest auf dem neuen Album schon versuchen, den Geist von Alben wie „Defenders Of The Faith“ oder „Painkiller“ einzufangen. Viele Passagen erinnern an das Schaffen von damals und die Band kupfert quasi bei sich selbst ab. Dennoch fehlt irgendwie der Spirit der damaligen Zeit, als die Songs sofort Legendstatus offerierten und Nachhaltigkeit bewiesen. Ob man dies Songs des neuen Albums zuschreiben kann, wage ich zu bezweifeln.
Dennoch ist „Firepower“ ein hervorragendes Heavy Metal Album geworden, welches nahezu jeden Emporkömmling gleichgearteter Musik locker in die Tasche steckt. So steht der Opener und Titelsong „Firepower“ in der Tradition der flotten Judas Priest Eröffnungen. Der Track knallt fett mit tollen Tipton Riffs und ersten Duellen der Gitarreros Tipton/Faulkner.
Ein typischer Priest-Smasher zu Beginn, aber das war „Dragonaut“ von „Redeemer...“ auch. In meinen Augen bringt „Neu“-Gitarrist Richie Faulkner, der so neu gar nicht mehr ist, eine gehörige Kante Powermetal mit in die Songs, was vielleicht damit zu begründen ist, daß der Junge diesmal noch im Vergleich zum Vorgänger beim Songwriting beteiligt war. Dies verändert die Duelle im Rückblick auf das legendäre Duo Tipton/Downing doch erheblich.
In der Folge reihen sich gutklassige Metalsongs aneinander („Lightning Strike“, „Evil Never Dies“) die auch den ein oder anderen hohen Scream Rob Halford's beinhaltet. Überhaupt der Gesang...unverkennbar ist der Metal God nach wie vor am Werk. Gerade die cleanen Passagen beherrscht Halford unnachahmlich gut. Wird's dann aggressiver, wird der Gesang um einiges „krächziger“. Fast ist man geneigt, dann an den Kollegen Dierkscheider zu denken. Und wo wir gerade bei Accept sind....man höre sich mal den Anfang von „Never The Heroes“ an. „Balls To The Wall“ jemand ? Nun ja...jedenfalls ändert sich der Song danach in eine Judas Priest-Halbballade, die man auch schon in der Vergangenheit immer mal wieder im Repertoire hatte. Verhaltener Gesang, Akustik-Gitarre, melodischer Refrain und ein reichhaltig melodisches Gitarrensolo...Priest wussten schon immer auch emotional zu berühren.
„Necromancer“ stampft dann gehörig durch die Gegend, auch hier muß man im Refrain aber gesanglich Abstriche machen. Bei „Children Of The Sun“ geht’s meist im Midtempo und im mehrstimmigen Refrain zu, erneut wird nach einem Break das Tempo runtergefahren und wandelt sich in balladeske Töne. Den „neuen“ Powermetal-Einfluss (Richie Faulkner ?) erlebt man dann nach einer kurzen Piano/Gitarrenpassage („Guardians“) bei „Rising From Ruins“. Hochmelodische Powermetal-Riffs, gediegener bis mehrstimmiger Gesang und Harmonien, die man normalweiser bei reinrassigen Powermetal-Bands findet. Ein für Priest eher ungewöhnlicher Song.
Back to old school geht’s danach mit „Flame Thrower“, der durch coole Metal-Riffs überzeugt. Auch der stampfende Midtempo-Groover „Spectre“ mit exquisiten Gitarrenthemen besitzt seinen Reiz. Tipton holt hier zum Solo mit Wah-Wah-Effekten aus. Die Nummer könnte als Nachfolger des „Defender Of The Faith“-Hits „Love Bites“ durchgehen.
Mit die beste Gesangsleistung liefert Halford bei „Traitors Gate“ ab. Mit akustischem Beginn, schnellen Riffs und dann wieder groovigen Gitarren beinhaltet der Song beinahe so etwas wie Running Wild-Epik.
Mit „No Surrender“ folgt ein nicht mal dreiminütiger Priest-Smasher der eher durchschnittlichen Klasse. Den größten Reiz von „Firepower“ haben sich Judas Prist in meinen Augen für den Schluß aufgehoben, da hier weitere neue Facetten der Band gezeigt werden. „Lone Wolf“ überracht mit doomigen/stonermäßigen Riffs, welche im Verlauf immer fetter klingen und den Song zu einem wahren Groover werden lassen, bevor nach einem Break die Akustik-Gitarre erklingt.
Das Highlight kommt dann am Ende mit „Sea Of Red“. Ruhiger Beginn, Balladengesang, melancholischer Aufbau und ein gehöriger Schuß Epik faszinieren im Priest-Gewand. Nicht zuletzt auch wegen den dramatischen Gitarrenklängen und dem beeindruckenden Solo. Klasse Song !!
Judas Priest wollen oder sollen mit „Firepower“ die alten Fans zurückholen. Dies ist eindeutig schon am Artwork des Albums zu sehen in der Tradition eines „Screaming For Vengeance“ oder „Turbo“. Die meisten der 14 neuen Songs orientieren sich auch an der Vergangenheit ohne aber die Klasse dieser wirklich erreichen zu können. Das ist halt ganz einfach nicht mehr möglich und dennoch darf man sich an tollen Riffs und Metal-Abfahrten freuen. Und auch der Metal-God ist trotz der Verschleiß-Erscheinungen in aggressiveren Momenten noch echt gut bei Stimme. Für mich persönlich sind Judas Priest am interessantesten, wenn sie neue Ideen in ihre Musik packen und davon gibt es auf „Firepower“ einiges.
Somit muß natürlich jeder Priest-Fan und Supporter der ersten Metal-Liga bei „Firepower“ zugreifen. Ein starkes Statement der Band und sicherlich werden es einige Songs in künftige Live-Shows, auch nach der ausgiebiegen „Firepower“-Tour schaffen. Trotzdem bleiben die Großtaten der Briten auch mit diesem Album unerreicht.
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Hoher Priester (Montag, 12 März 2018 19:36)
Firepower hat richtig Feuer im Arsch!!!