JETHRO TULL - The Zealot Gene

Tracklist:

  • Mrs Tibbets 
  • Jacob's Tales 
  • Mine Is The Mountain 
  • The Zealot Gene 
  • Shoshana Sleeping 
  • Sad City Sisters 
  • Barren Beth, Wild Desert John 
  • The Betrayal Of Joshua Kynde 
  • Where Did Saturday Go? 
  • Three Loves, Three
  • In Brief Visitation
  • The Fisherman Of Ephesus 

Video:



Info:

VÖ:  28.01.2022

Label: InsideOut Music



Bewertung:

Autor:  Kerbinator

 

Bewertung:  9 / 10



Etwas überraschend kam die Ankündigung, daß mit „The Zealot Gene“ ein neues Album unter dem Banner Jethro Tull erscheinen würde. Immerhin war die letzte Studioveröffentlichung unter diesem Namen ein Weihnachtsalbum aus dem Jahre 2003. Natürlich war Ian Anderson über die Jahre nicht untätig, halt unter seinem eigenen Namen oder aber mit der „Jethro Tull – The String Quartets“ Geschichte. Aber, auch wenn der langjährige Gitarrist, Martin Barre, schon eine Weile nicht mehr dabei ist, so spielt Anderson mit den Mitmusikern dieses Albums bereits seit längerer Zeit zusammen, so daß es im Prinzip keine Einwände gab, dieses Album unter dem Bandnamen Jethro Tull herauszubringen. Es ist seit jeher so, daß Ian Anderson sowieso für die Entstehung der Songs und deren ideenvolle Umsetzung zuständig zeichnet.

 

Der Ruf nach einem neuen „Aqualung“ oder „Thick As A Brick“ ist von den Fans immer laut, aber bereits das 2012er Soloalbum „Thick As A Brick 2“ zeigte, daß Ian Anderson immer vorwärts schaut und selten zurück, so daß man doch vom Klassiker einigermaßen weit entfernt war. Doch die unangepassten, eigenwilligen und mitunter zynischen Lyrics des Meisters legen auf „The Zealot Gene“ in gewissem Maße schon Ähnlichkeiten zu „Aqualung“ dar. Aufgrund der Pandemie hat sich die Veröffentlichung des neuen Albums erheblich in die Länge gezogen, die Songs standen in ihrer Form schon sehr lange parat. Die Zeit des Feinschliffs wurde währenddessen adäquat genutzt.

 

Ähnlich wie bei „Aqualung“ setzt sich Anderson auch auf „The Zealot Gene“ mit religiösen Geschichten auseinander, die durchaus auch unangenehme Themen beinhalten. Die Anspielung auf jüdische Zeloten ist dabei aber mehr als Anklage an religiöse Fanatiker gedacht, die ihre angeblichen Missionen aggressiv umsetzen und kundtun. Aber auch um die grundsätzliche Aggressivität, die jeder in sich trägt, und unter gewissen negativen Umständen jederzeit ausbrechen kann. Starker Tobak, den Ian Anderson auf dem neuen Album lyrisch also wieder einmal abliefert.

 

Musikalisch weiß der geneigte Hörer sofort, wo er dran ist. Ian Anderson’s markante Stimme, fantastisch wie eh und jeh, sowie die prägenden Flötenklänge bestimmen jeden der 12 neuen Songs. Kurze Dramatik keimt auf zu Beginn des Openers „Mrs. Tibbets“, bevor die fröhliche Flöte übernimmt. Keyboards, Gitarre, Gesang….der folkig progressive Einschlag von Jethro Tull ist sofort präsent. Irgendwie fühlt man sich auch eher an die frühen Alben erinnert, als an die modernere, elektronischer Zeit der 2000er Jahre. Natürlich heutzutage in zeitgemäßer Produktion und feinem Soundgewand.

 

Gitarrist Joe Parrish-James glänzt mit starken Gitarrensoli, die immer wieder die eher ruhige und Geschichten-erzählerische Stimmung in rockiger Art und Weise ergänzen. Natürlich auch mittels Akustik-Gitarre wie bei „Jacob’s Tales“, einem Song der auf Mundharmonika-Spiel basiert und positive Stimmung verbreitet. Erwartungsgemäß ist auch auf diesem Album der Folk-Anteil sehr hoch und Tastenmann John O’Hara verwebt die markante Flöte mit wahlweise Keyboard-Backings, Piano-Weisen oder auch mal Akkordeon wie beim wunderbaren „Sad City Sisters“.

 

Im Prinzip ähneln sich viele Stücke auf „The Zealot Gene“ in typischer Singer/Songwriter-Manier, dennoch steht jeder Song trotz konzeptartiger Ausarbeitung des Albums für sich selbst. Sei es durch flotteren Midtempo-Folkprog beim Abschlußsong „The Fisherman Of Ephesus“, den in höheren Lagen flötierten, entspannteren Semi-Akustikstücken „Three Loves, Three“ und „In Brief Visitation“ oder auch mal mit Hardrock-Härte gestimmten Momenten wie bei „The Betrayal Of Joshua Kynde“.

 

 

„The Zealot Gene“ ist ein fantastisches Spätwerk (falls man das so nennen darf) von Ian Anderson, gerne hier auch unter dem Namen Jethro Tull. Mit über die Jahre das Tull-Gen verinnerlichten Musikern wie John O’Hara, Joe Parish-James, Drummer Scott Hammond und Basser David Goodler, die den Geist der Band auch live umzusetzen wissen. Zusätzlich hat Anderson noch Studio-Gitarrist Florian Opahle dazugeholt. Ebenfalls kein Unbekannter der neueren Jethro Tull-Zeit. Das Albumcover mit dem Bandkopf (im wahrsten Sinne des Wortes) wurde bewusst in düsterem schwarz/weiß gehalten, ohne Grautöne dazwischen. Ein weiteres Merkmal der extravaganten Ausdrucksweise eines Ian Anderson.

 

Mit „The Zealot Gene“ sind Jethro Tull quasi wieder auferstanden, obwohl sie nie weg, wenn auch nicht mit diesem Namen unterwegs waren. Muß man als qualitätsbewußter Folk-Prog-Classic Rock-Liebhaber besitzen, als Tull-Fan sowieso. 



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