VÖ: 21.04.2023
Label: InsideOut Music
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8,5 / 10
Ian Anderson scheint es durchaus ernst zu meinen, den Namen Jethro Tull wieder in alle Munde zu bringen. Kam vor etwas über einem Jahr ein wenig überraschend mit „The Zealot Gene“ ein Album unter dem Namen Jethro Tull heraus, so legt er jetzt mit „RökFlöte“ schon wieder nach. Inspiriert durch eine eventuelle Verbindung seines selbst zu Skandinavien hat Anderson sich der nordischen Mythologie angenommen. Der Begriff „RökFlöte“ speist sich somit aus dem Ragnarök, dem Kampf der nordischen Götter und der Germanistik mit seinem Umlaut „ö“, daher die Flöte und nicht etwa englisch flute. Zwölf Songs lang vertonen Jethro Tull also Geschichten der nordischen Edda und Wikingererzählungen.
Beim Opener „Voluspo“ und dem Abschlußtrack „Ithavoll“ lässt Ian Anderson eine Schauspielerin, Sängerin und Violinistin namens Unnur Birna als Frauenstimme in alt-isländisch aus der poetischen Edda zitieren. Und schon beim Opener kommt gleich wieder typisches Jethro Tull Feeling auf mit fröhlichen Flötenklängen, dem natürlich nach wie sehr markanten Gesang von Ian Anderson und den altbekannten Flöte/Gitarren-Duellen. Fast schon barocke Vibes gibt’s bei „Allfather“ neben marschierenden Flötenabschnitten zu hören. Auch mal tiefere Spoken Words huldigen der Stories.
Rockiger wird’s nicht mehr so oft wie noch beim Vorgänger, obwohl jeder Song seine dynamischen Passagen enthält. So lässt „Hammer on Hammer“ zuerst Akustik-Gitarre erklingen, es folgt eine flotte Phase mit Echo-Gesang und Synthie-Backings. Ein rockiges Gitarrensolo sorgt für leicht härtere Momente. Im Singer-/Songwriter-Modus kommt „The Perfect One“ daher. Mit Wolfsgheul, düster intensivem Gesang, einem amtlichen Progrock-Part und wiederum feinen Flöte/Gitarren-Duellen glänzt das spannende „Wolfs Unchained“.
Natürlich dürfen bei Jethro Tull die balladesken Elemente nicht fehlen. „Cornucopia“ erwärmt hierbei mit Piano, Flöte und zärtlichem Gesang die Hörerherzen. Wiederum rockig und mit Synthies versehen lässt danach „The Navigators“ die Dynamik aufleben, bevor es fröhlicher aber auch im Gesang zynischer bei „Guardian’s Watch“ wird. Zum Abschluß lässt Ian Anderson nochmals ruhige Flötenklänge bei „Ithavoll“ ertönen. Wie erwähnt, mit Unnur Birna als Erzählerin.
Jethro Tull und im Speziellen Ian Anderson pflegen lyrisch und musikalisch feinste Tull-Traditionen. Anderson neigt mehr denn je zur Poesie, setzt sich mit geschichtlichen Begebenheiten und Mythen auseinander und vertont diese so wie man es von Jethro Tull hören will. Viel Flöte, viel Melodie, progressive Ansätze und reichlich Dynamik, die man von je her von der Band kennt. „RökFlöte“ wird keinen Jethro Tull-Fan enttäuschen. Lyrisch zeitlos erwachsene Songs, die mit viel Wärme und Kompetenz nach wie vor zur Speerspitze der klassischen Rockmusik gehören.
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