VÖ: 05.09.2014
Label: Epic Records
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8 / 10
Mit den Melo-Death Krachern früherer Zeiten haben die letzten Alben von In Flames nicht mehr viel zu tun. Und auch das neue Album „Siren Charms“ führt hier zu keiner Wende oder Rückbesinnung. Im Gegenteil: Das Album klingt eingängiger, poppiger, melodischer denn je. Was viele Fans der ersten Stunden nur noch ein müdes Lächeln auf die Lippen zaubern wird, lässt neuere Supporter sicherlich frohlocken, denn geht man unvoreingenommen an „Siren Charms“ heran, erlebt man ein durch starkes Songwiting nahezu perfektes (melodic) Modern Metal Album, ohne Wenn und Aber.
Zuerst wird man zwar durch elektronische Spielereien, welche „In Plain View“ eröffnen, verschreckt, doch dann entwickelt sich der Song zu einem In Flames typischen Midtempo Kracher und trotz verstärktem Clean Gesang heutzutage, lässt Anders Friden im Refrain doch seine alte Stärke mit geshouteten Vocals aufblitzen. Man erkennt unüberhörbar, daß hier In Flames am Werk sind....und das ist gut so.
Auch „Everything's Gone“ ist mit genügend Härte gespickt, auch wenn der Gesang zwischendurch mal als wavig erscheint. Die Riffs sitzen und Friden's Kreischgesang erinnert denn doch ab und zu an vergangene Großtaten.
Spätestens aber mit „Paralyzed“ erfährt man, wo die Reise von In Flames in der heutigen Zeit hinsteuert. Der Gesang ähnelt eher dem eines Bono von U2, als einem Brüllwürfe mit Vollbart und auch der Musik kann eher Chartorientierung bescheinigt werden, denn metallischer Härte. Produktionstechnisch wird zudem ordentlich Hall unter die Vocals gesetzt, was bei den ausufernden, leidenden Shouts durchaus zu gefallen weiß.
Am besten verdeutlicht „Through Oblivion“ wie man Gänsehaut-Gesang mit In Flames in Einklang bringen kann. Ein absoluter Hit, der auch die Dark Rock Tanzflächen der Szene füllen dürfte. Das ein oder andere Alternative Zitat tut sein Übriges um auch die Radiosender auf In Flames aufmerksam zu machen. Ich würde hier nicht von kaltem Kalkül sprechen, ist der Song doch wie aus einem Guß und äußerst stark.
Gleiches gilt für „With Eyes Wide Open“. Ein Gesang, der dir eiskalt den Rücken runter läuft. Die Melange zwischen Melancholie und Refrains der Spitzenklasse gelingt hervorragend, die Instrumente haben lediglich die Aufgabe, den Song härtetechnisch aufzuwerten und zu begleiten. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Gesang, und der ist genial, wenn auch durch die Produktion aufgepeppt.
Härtetechnisch geht’s mit „Siren Charms“ und „When the World Explodes“ wieder etwas nach oben, wobei gerade der Titelsong, doch als äußerst durchschnittlich über die Bühne holpert. Bleibt nicht im Gedächtnis. Schon eher „When the World Explodes“, da im Refrain eine opernhafte Fee im Wechsel mitsingt und so dem metal-lastigen Grundgerüst eine gewisse Erhabenheit verleiht. Friden lässt die Welt explodieren und das Fräulein heilt alle Wunden. Der elfengleiche, mit Soundsamples spannend aufgebaute Zwischenpart drückt mit seiner vertonten Tragik auf die Tränendrüsen. Mit Erfolg !!
Nach zwei gutklassigen, teils modernen Midtempo-Rockern („Rusted Nails“ und „Dead Eyes“), die zwar gewohnt hohes Niveau verströmen aber nur partiell aufhorchen lassen (beispielsweise durch die schon fast progressiven Keyboards bei „Dead Eyes“), folgt noch ein Höhepunkt mit „Monsters in the Ballroom“. Musikalisch ein Song, der auch auf „Clayman“ hätte stehen können, mit Spitzen-Riffing. Allerdings wird der Song erst durch neueren, cleanen Gesang vor allem im Refrain veredelt. Hier trifft also alt auf neu....und das Gebräu schmeckt (zumindest mir) gut.
Mit „Filtered Truth“ spendiert man dann zum Abschluß noch einen Kracher mit feinem Gitarrensolo und fast durchgehendem Kreischgesang von Anders Friden. Also eher ein old-schooliger In Flames Song. Nicht wirklich zwingend und eher belanglos. Das konnte man früher besser.
Mit „Siren Charms“ geht die Entwicklung von In Flames in modernere, teilweise radiotauglichere Richtungen weiter. Die alten Trademarks werden zwar nie gänzlich abgelegt und schimmern im ein oder anderen Song immer mal wieder durch, aber die vielen langsameren Passagen und der immer häufiger auftretende Cleangesang von Anders Friden nehmen mehr und mehr Platz im Sound von In Flames ein. Aber, man darf attestieren, daß das was In Flames machen immer Hand und Fuß hat, vom Songwriting und der Umsetzung her meistens überzeugen kann. Ob man dadurch alte Fans endgültig vergrault, spielt keine Rolle. Es ist mehr als genug Potential vorhanden, sich neue Hörerschaften zu erschließen.
Ohne Parallelen zu In Flames der Frühzeit zu suchen....ein starkes Album der Moderne.
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