VÖ: 12.10.2018
Label: InsideOut Music
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8 / 10
Gösta Berlings Saga aus Schweden sind schon seit langer Zeit fester Bestandteil der rein instrumentalen Progrock-Postrock Szene. Seit Anfang der 00er Jahre aktiv erscheint mit „ET EX“ das fünfte Album der Soundspezialisten, deren Klangfarben immer mal wieder rasch wechseln können. Zum ersten Mal auf InsideOut Music gezeichnet, stehen die Chancen gut, einer breiteren Masse zugänglich zu werden. Benannt nach einer Novelle von Selma Lagerlöf vertonen die vier Musiker Atmosphäre und Faszination der nordischen Regionen mit ihren eigenen Klangvorstellungen.
David Lundberg hat daran einen sehr großen Anteil, spielt er doch die markanten Synthesizer und Mellotron, sowie mit seiner Fender Rhodes auch diverse Gitarrenthemen. Aber auch Gabriel Tapper und Rasmus Booberg übernehmen neben Bass bzw. Gitarre auch den ein oder anderen Tasteninstrument-Part. Musikalisch sind Gösta Berlings Saga sicherlich nichts zum nebenbei anhören. Zu komplex, mit vielen Wendungen gestrickt, sind die Klangeruptionen der Band. Ist man bei „Veras Tema“ noch geneigt, an Kinderlied-Melodien zu denken, holt einen bei „The Shortcomings of Efficiency“ die Wirklichkeit ein. Viele disharmonische Klänge unterbrechen melodische Eingängigkeiten und die Gitarren-/Bass-Spuren klingen kratzig und beinahe unsauber gespielt. Auch gibt’s bei dieser Nummer am Ende mit verzerrter Stimme so etwas wie Gesang zu bewundern.
„Square 5“ und „Over and Out“ sind danach beste Beispiele, wie die Schweden hauptsächlich zu Werke gehen. Man nimmt nämlich eine grundlegende, meist schön anzuhörenden Melodie und interpretiert diese mit unterschiedlichsten Synthie-Keyboard oder Percussion-Flächen. Dies verleiht Tiefe und Abwechslung, obwohl der Grundgedanke auf einer einfachen Idee basiert. Bei „Artefacts“ experimentiert man neben Synthies auch mit Piano, ein Umstand, welcher den Song mehr in ruhigere Bahnen lenkt.
Der Track mit dem ungewöhnlichsten Titel, „Capercaillie Lammergeyer Cassowary & Repeat“ tischt dem Hörer 7 Minuten lang teils unheilvolle, teils mystische Klänge auf, die mit auf Horn basierenden Synthies dramatisch und zerrüttet auftreten. Schwer verdaulich und gleichzeitig faszinierend erlebt man eine Soundwand, die einen plättet und dann nach Kirchenorgel-Break wieder herunterholt. Man sieht, einfach machen es einem Gösta Berlings Saga beim Genuss ihrer Klangwelten nicht unbedingt.
Nach einem kurzen Akutik-Intermezzo („Brus Fran Stan“) zeleberieren Gösta Berlings Saga mit dem beinahe 10-minüigen Abschlußsong „Fundament“ nochmals ihre komplette Schaffenskunst mit vielen atmosphärischen, verklärten Soundmomenten, berührenden Melodien und mystischen Unklarheiten, die den Hörer im Zweifel ob der Schönheit der nordischen Landschaften zurücklassen.
Natürlich kommt Vieles bei Gösta Berlings Saga aus der Konserve in Form von Programming und computerisierten Klängen, aber die Klangwelten faszinieren und verstören zugleich. Der Zugang zur Musik der Schweden fällt nicht immer leicht und manche Auswüchse in der Musik sind schwer zu verdauen. Die Tasteninstrumente beherrschen das Ganze und beispielsweise Gitarrenklänge sind dem Soundteppich völlig untergeordnet.
Man muß sich definitiv auf die Musik einlassen und intensiv, ohne jegliche Störungen, zuhören, um den instrumentalen Visionen der Schweden etwas abgewinnen zu können. Dann aber nimmt einen die Musik unweigerlich mit auf die Reise und man muß einfach bis zum Ende zuhören. Kein Album für Zwischendurch, sondern als Klangspektakel für heimeliche Winterabenden zu Hause geeignet.
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