VÖ: 27.05.2020
Label: Fastball Music
Autor: David Kerber
Bewertung: 6 / 10
1968 war bekanntlich eine Zeit des Umbruchs und großer Veränderungen. Die aus Deutschland stammenden und bereits 1990 gegründeten Flying Circus widmen sich auf ihrem bereits sechsten Album konzeptionell den verschiedenen Ereignissen dieses Jahres. So werden verschiedene Episoden, wie z.B. das Massaker von My Lai während des Vietnamkriegs, die Niederschlagung des Prager Frühlings, die Ermordung von Martin Luther King oder die Studentenunruhen in Berlin thematisch beleuchtet.
Das Album beginnt mit „Paris“ ziemlich groovig. Eine rollende Basslinie, untermalt von Hammondorgel- und Scratchingsounds. Der Gesang ist anfangs recht leise, steigert sich mit Dauer des Songs aber. Der Mittelteil wirkt dann recht chaotisch, da die Instrumente disharmonisch auseinanderdriften. Bei „New York“ kommt ein leichtes Blues-Feeling auf. Auch die Hammondorgel kommt nicht zu kurz. Zum Ende schleichen sich noch Chorgesänge und rhythmisches Händeklatschen in den Song. Mit „Prague“ wird es erstmal ruhiger. Ein an Pink Floyd erinnernder balladesker Einstieg mit emotionalem Gesang und Klavierbegleitung sorgt für eine etwas beklemmende Atmosphäre. Ein Song wie er damals auch in einer Klavierbar hätte gespielt werden können. „Derry“ ist ein kurzes instrumentales Zwischenspiel im Stile eines irischen Jigs, klassisch mit Akustikgitarre und Violine gespielt.
„The Hopes we had“ vermischt mehrere Genres in einem Song. Dadurch wird der Song recht sperrig und braucht mehrere Durchläufe um wirklich zu zünden. Die Violine leitet dann „My Lai“ recht düster ein. Das Knattern eines Hubschraubers weist dann auf die Szenerie des Songs hin: Der Vietnamkrieg. Dementsprechend apokalyptisch klingt der Track dann auch. Spätestens als Sänger Michael Dorp Maschinengewehrfeuer imitiert, möchte man am liebsten in den nächsten Schützengraben fliehen. „Memphis“ baut unterstützt durch (keyboardgenerierte?) Bläser und „ah-ah-ah“-Gesänge eine ähnlich beklemmende Atmosphäre auf. Nur der Text gibt einen kleinen Hoffnungsschimmer im sonst eher düster gehaltenen Album. „Vienna“ kommt mit einer funkigen Attitüde daher. James Brown und Co lassen grüßen, auch wenn dieser Song größtenteils instrumental ist. Mit „Berlin“ folgt der letzte Song (wenn man vom Reprise absieht). Auch dieser ist recht prog-lastig und alles andere als leicht zu erfassen.
Eingängigkeit wird auf diesem Album sehr klein geschrieben. Wenn man 1968 richtig genießen möchte, muss man sich schon mit der Musik und auch mit den Lyrics intensiv beschäftigen. In der heutigen Zeit, leider keine Selbstverständigkeit mehr. Eine Zielgruppe könnten ältere Semester sein, die das Jahr bewusst miterlebt haben und sich auch gerne Zeit für die Musik nehmen. Für die jüngere Generation ist dieses Album wohl eher ungeeignet (auch wenn es hier bestimmt ein paar Ausnahmen gibt).
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