VÖ: 25.09.2020
Label: Chocolate Frog Company
Autor: Kerbinator
Bewertung: 9/ 10
Es soll nun also das finale Album sein von Derek William Dick, besser bekannt als Fish. Lange Jahre als Frontmann von Marillion und noch viel länger als Solokünstler unterwegs, ist Fish sicherlich eine der prägendsten und einflussreichsten Küntler im Progressive Rock Universum. Für viele ist er immer noch DIE Stimme von Marillion, für andere ein gewandelter Songwriter und Poet, der sich im Verlauf der Jahre immer mehr von Bombast und härteren Klängen abgewandt und mehr durch Besonnen-u. Weisheit auf sich aufmerksam gemacht hat.
Das nun letzte, wenn ich nicht irre mittlerweile elfte Album von Fish trägt den allumspannenden Titel „Weltschmerz“ und liegt damit mehr denn je am Puls der Zeit. Über 84 Minuten beträgt die Spielzeit des Finals und erscheint auch als Doppel-Album. Drei Jahre lang hat Fish an diesem Album gebastelt und während dieser Zeit einige fantastische Musiker zum Gelingen hinzugezogen.
So beispielsweise Doris Brendel als Backgroundsängerin, die auch gleich beim Opener „The Grace Of God“ mitwirken darf. Der Song beginnt ein wenig futuristisch, lebt danach aber gleich vom entspannten Gesang von Fish, der auf dem gesamten Album eher in typischer Singer/Songwriter Manier und erzählerischer Form auftrumpft, als spektakuläre Gesangsakrobatik anzubieten. Das muß er im Spätherbst seines Schaffens auch nicht mehr, denn Fish ist Fish, und die Stimme begeistert, egal in welcher Form.
Auch Akustik Gitarre in Verbindung mit dem Gesang gehört bei Fish zum guten Ton. Dennoch sind die Songs immer spannend und überzeugen mit feinen Details wie beispielweise leicht symphonischen Elementen und wuchtigen Drumeinspielungen. „Man With A Stick“ lässt Fish's Gesang etwas zynisch wirken, die Gitarren erklingen hier ab und an etwas härter. John Mitchell und Robin Boult hat Fish sich für die Saiten ausgesucht, deren unverkennbares Spiel man im Verlauf des Albums immer wieder heraushört. Eine schöne Keyboard/Synthie Passage (Liam Holmes) erinnert an selige Neo-Prog Zeiten.
Bei „Walking On Eggshells“ spürt man irgendwie leicht hawaiianisches Flair. Schöne Gitarrenthemen und typischer Fish-Gesang nehmen sofort wieder gefangen. Ebenfalls werden Streicher integriert, für die das Scottish Chamber Orchestra verantwortlich zeichnet. Im Verlauf wird die Nummer drumlastiger und intensiver, bis hin zu einem reichlich verklärten Ende. Fröhliche Flötentöne eröffnen das flotte Rhythmus-Stück „The Party's Over“. Mit Clap-Your-Hands-Part und mehrstimmigem Backgroundgesang ist dies auch irgendwo eine kleine Party Nummer. Erstmals ertönt hier das Saxophon von David Jackson (Van Der Graaf Generator / Peter Hammill).
Es folgt der erste von drei überlangen Songs. Mit über 15 Minuten ist das Prog-Epos „Rose Of Damascus“ auch gleich der längste. Fish lässt den Track unheilvoll klingend starten, sorgt aber sofort mit Akustik Gitarre und seinem Gesang für wohlige Wärme. Im Prinzip bricht dieser Song trotz seiner Länge nie in Tempo oder Härte aus. Dennoch gelingt es Fish über den Zeitraum hinweg die Spannung hochzuhalten, in dem neben entspannter Atmosphäre diverse Breaks integriert werden, die mal mit Bongos und dramatisch auflebendem Sprechgesang aufwarten, mal mit träumerischer Passage und wuchtigen Drums verzaubern. Spoken Words und Akustik Gitarre lassen dieses Epos melancholisch enden. Fantastischer Song !!
Mit Piano und Flüstergesang kehrt bei „Garden Of Remembrance“ die Entspannung zurück, wird im Verlauf allerdings mit Keyboardflächen und Backgroundgesang aufgepeppt. Richtiggehend folkig wird’s danach bei „C Song (The Tronheim Waltz)“. Und mit Akkordeon und Clapping Hands hat die Nummer auch etwas von einem langsamen Walzer. Eine ideal überraschende Wendung bevor mit „Little Man What Now?“ der nächste, über 10-minütige Longtrack ansteht. Dieser startet mit reichlich Melancholie und Piano. Traurig schöne Klänge und viel Saxophon-Spiel inklusive Solo stehen neben dem beschwörend einfühlsamen Gesang von Fish. Im Verlauf legt sich das Gewicht mehr auf die Drums (Craig Blundell) und ein Mitchell Gitarrensolo sorgt für elegische Gänsehaut.
Fish holt jetzt noch einmal alles heraus und mit mehr als 13 Minuten folgt mit „Waverley Steps (End of the Line) der dritte Mammut-Song. Ruhig startend ertönen unheilvolle Klänge, Trompeten werden geblasen und die Nummer wird flotter und härter. Straighte Passagen wechseln sich mit elegischen Gitarrenthemen ab, bis hin zum wunderschönen Solo am Ende, unterstützt durch feine Keyboards.
Bleibt noch zum Schluß der Titelsong „Weltschmerz“, den viele wahrscheinlich bereits als erste Single-Auskopplung kennen. Prinzipiell ist dies ein typischer Fish Song, der auch gut in die „Vigil...“ und „Internal Exile“ Phase gepasst hätte. Einfacher Aufbau und mit drückenden Gitarren-/Keyboardklängen im Refrain, lässt uns Fish noch einmal an seiner tollen Stimme teilhaben, der Kreis zu seinem Solo-Beginn Anfang der 90er Jahre schließt sich.
Mit „Weltschmerz“ beendet nun also Fish seine (Album)Karriere. Nein, er ist nicht mehr der impulsive Mensch der frühen Marillion-Jahre, sondern eher ein Prog Chansonnier, der wie ein guter Wein geschmacklich gehalt-u. wertvoll auftritt. Viele tolle Musiker helfen dem Schotten, das letzte Album zu einem besonderen und wunderbaren zu machen, Langzeit Coverzeichner Mark Wilkinson rundet das Ganze mit toller Illustration ab. Blicken wir also mit Wehmut auf die Karriere von Fish zurück, in der er uns noch einmal ein wunderbares Prog Highlight schenkt.
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