VÖ: 23.03.2020
Label: Eigenrelease
Autor: Rainer Kerber
Bewertung: 8 / 10
Gegründet wurden Constraint 2011, als Symphonic Metal Cover Band. Ein Jahr später erschien das Demo „Illusion of a Dream“. Wie viele andere kleine Bands hatten auch Constraint einen langen Weg zu gehen, bis das Debüt-Album fertig war. Dieses erschien 2016 unter dem Namen „Enlightened by Darkness„. Damit konnte die Band durchaus ei Ausrufezeichen setzen. Vier Jahre später sind von der damaligen Besetzung lediglich die Sängerin Beatrice Bini sowie Schlagzeuger Alessandro Lodesani. Fest hinzugekommen ist aber der Gastmusiker des Debut-Albums Davide Borghi (v). Mit der neuen Besetzung wurden im vergangenen Jahr zwei Singles veröffentlicht. Mit einer erfolgreichen Crowdfunding Kampage konnte die Band nun das zweite Album “Tides Of Entropy” finanzieren, das vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde.
Mit dem Opener “Remanent” knüpfen die Italiener an das Vorgänger-Album an. Die Streicher sorgen zunächst für sehr viel Bombast. Aber schon bald setzt die Rhythmus-Abteilung ein. Weniger Bombast, sehr schöne aber kraftvoll gespielte Melodien sorgen für den Einstieg in das Metal-Album. Hinter dem Songtitel “Einmal ist Keinmal” könnte man einen deutschsprachigen Text vermuten. Aber dem ist nicht so. In einem kurzen Gespräch erzählte mir die Sängerin Beatrice Bini, dass ihr das deutsche Wortspiel gefällt. Es gibt aber keine Übersetzung, weder ins Englische noch in Italienische, die ein ähnliches Wortspiel besitzt. Also blieb der Titel auf Deutsch und die Lyrics in Englisch. Aber dann überrascht vor allem der Sound. Von früherer Symphonik weit entfernt, wird hier recht progressiv vorgegangen. Und die Sängerin singt auch tiefer und teilweise harscher. Natürlich beherrscht sie auch die hohen Töne, setzt diese aber dezent ein. Und sie macht es mehr als einmal, der Gesang im Mezzo-Sopran setzt sich auch bei “Golden Threads” fort. Dieser Song ist wesentlich melodischer. Und auch ruhiger.
Vor allem die schönen Violinen-Parts können hier beeindrucken. Aber schon bei “Eerie Euphoria” kommt die Prog-Rock-Schlagseite zurück. Der erste Teil von “The Big (B)End” ist eine wunderschöne Ballade. Beatrice wird hier zunächst von e-Piano und Violine begleitet. Im späteren Midtempo-Teil sorgen Gitarren und Schlagzeug für metallische Härte. Und die Stimme der Sängerin schwingt sich in die Höhen eines Koloratur-Soprans. Bei “Omniscient Oblivion” und “Broken Threads” werden bewusst Dissonanzen und hektische Melodien eingesetzt, sowohl bei Gitarren, Violine und Keyboards als auch beim Gesang. Erneut muss eine deutsche Phrase für einen Song-Titel herhalten. Auch für “Leben ist Streben” gibt es keine adäquaten Übersetzungen. Im Rausschmeißer, dem Instrumental “Coercive” werden noch einmal hektische und symphonische Melodien miteinander gemischt. Dazu kann man epische Chorusse hören.
Constraint oder sollte man besser sagen Sängerin und Mastermind Beatrice Bini haben sich in den vergangenen vier Jahren stark weiterentwickelt. Spielten sie ursprünglich klassischen Symphonic Metal so kann man sie jetzt in den Bereich des progressiven Metal einordnen. Natürlich sind Epik und Symphonik nicht komplett verschwunden. Aber doch massiv runtergefahren. Es wird mehr mit Sound und Klängen experimentiert. “Tides Of Entropy” ist kein Album, das man sich so nebenbei anhören kann. Die Aufmerksamkeit des Zuhörers ist hier jede Sekunde erforderlich. Das macht das Album anstrengend und hörenswert zugleich. Schön, das eine Band abseits der eingetretenen Pfade wandelt.
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