AVANTASIA - Here Be Dragons

Ich fand die beiden ersten Avantasia Alben ja echt gut. Dieses Metal Opera Gedöns was noch relativ überschaubar und Arjen Lucassen mit seinem Ayreon Projekt und Tobi Sammet mit eben Avantasia buhlten um den Thron dieser Art. Ayreon mehr im Progmetal-Sektor, Avantasia eher im Powermetal-Bereich. Danach, muss ich gestehen, haben mich die folgenden Avantasia Alben nicht mehr ganz so abgeholt. Bunt, mit immer hohem Promi-Gästeanteil und viel Tam Tam ging es immer pompöser, immer mainstreamiger und vergleichbarer ab. Das ändert sich nun auch mit dem bereits zehnten Album „Here Be Dragons“ kaum. Doch eigentlich kann man bei Avantasia nie zu kritisch werden. Zu ausgereift sind die Sammet-Kompositionen, zu begnadet die Sänger-u. Musikerschaft und die Fans wissen immer, das sie von dem nächsten Avantasia Album wohl nicht enttäuscht werden.

Der Auftakt mit „Creepshow“ ist etwas, ja…creeoy bevor es zum bewährten Midtempo-Powermetal mit eingängigem Refrain inklusive Hitqualität weitergeht. Das Gitarrensolo kann sich hören lassen, aber ehrlich gesagt kommt mir die Stimme von Tobias Sammet, wenn er ins Screaming verfällt, echt eine Idee zu piepsig mittlerweile. Kommt anscheinend auch etwas ins Alter, der Mann. Ein wahres Highlight folgt danach aber mit dem fast neunminütigen Titelsong „Here Be Dragons“. Vor allem wegen Geoff Tate. Ruhig beginnend nimmt die Nummer Fahrt auf und klingt fast so wie Queensryche in früheren Zeiten. Stampfende Rhythmen, bisschen Symphonic im Background und ein amtlicher Twingitarren-Part pflegen einen am Ende doch typischen Avantasia-Trip, allerdings mit feiner Queensryche Note.

Auch Michael Kiske fehlt, natürlich möchte man sagen, nicht und leiht seinen Gesang dem flotten „The Moorlands At Twilight“. Einem Stück mit vielen Tempiwechseln, Chorgesang und reichhaltigem Helloween-Flair der Marke Kiske. Danach gibt’s moderne Progmetal-Klänge und einige Kamelot-Vibes bei „The Witch“, das stilgerecht von Tommy Karevik veredelt wird. Etwas poppig, symphonisch mit Backing-Chören, aber auch mit feinem Keyboard-Solo garniert. Ronnie Atkins sorgt im Anschluß für ein weiteres Album-Highlight mit „Phantasmagoria“, das selbstredend einen Pretty Maids-Einschlag enthält und als einer der schnelleren Songs und mit gutem Gitarrensolo überzeugt.

Klar, Bob Catley…der fehlt natürlich auch noch und kommt bei „Bring On The Night“ zu seinen Ehren. Der melodische Rocker weht schon luftig im Magnum-Umfeld, aber der gute Bob hat, leider, seine besten Zeiten auch schon hinter sich und überzeugt hier vokalistisch nicht. Ebensowenig, wie erwähnt, wie Tobi Sammet selbst, der bei „Unleash The Kraken“ wieder das alleinige Mikro-Zepter schwingt.  Immerhin setzen die harten Riffs und die schnellen Drums der Speednummer ein kleines Ausrufezeichen.

Etwas folkige Momente dringen bei „Avalon“ durch, das symphonisch elegisch und hochmelodisch von Seven Spires-Chanteuse Adrienne Cowasn getragen wird. Auch wenn Kenny Leckremo (H.E.A.T.) beim folgenden „Against The Wind“ intoniert, mit Sleaze/Glam hat das weniger zu tun. Eher erleben wir hier erneut eine dieser typischen Avantasia-Nummern, im Powermetal verwurzelt und mit Piano-Break gebremst. Abgeschlossen wird das Album dann freilich mit einer waschechten Hymne durch „Everybody’s Here Until The End“. Diesmal durch Sänger Roy Khan ein wenig in die Kamelot-Spur gebracht.

„Here Be Dragons“, das übrigens mit schönem Rodney Matthews-Artwork daherkommt, ist traditionelles Futter für die Avantasia-Jünger. Mit einigen Highlights durch etwaige Sangesgäste geliefert und mit gewohnt qualitätsorientiertem Songwriting im sicheren Powermetal(opera)-Fahrwasser. Sammet selbst hat schon um einiges besser gesungen, zumindest wenn er in dynamische Screams wechselt, aber das machen die Gastsänger halt (meist) mehr als wett. Ein neues Album also, das genügend Stoff für eine neue Tour, die bereits ansteht, bietet und sicherlich kann man die Songs live auch prima integrieren. An die frühen Alben kommt aber auch das neue Werk nicht mehr ran.