Tracklist:
VÖ: 29.01.2016
Label: Nuclear Blast
Autor: Regina Geis
Bewertung: 10 / 10
Drei Jahre nach dem letzten Album namens "The Mystery of Time" veröffentlicht Avantasia´s Mastermind Tobias Sammet mit seinem Allstar-Projekt nun bereits sein siebtes Studioalbum, welches den Titel "Ghostlights" trägt und thematisch die Story seines Vorgängers aufgreift und weiterführt. So schlüpft Mr. Sammet abermals in die Rolle des Aaron Blackwell und sammelt wie gewohnt ein starkes Aufgebot an namhaften Sängern um sich, von denen einige bereits fester Bestandteil eines jeden Avantasia Albums sind (u.a. Michael Kiske, Bob Catley). Jedoch sind hier auch einige neue Gesichter vertreten, so z. B. Robert Mason (Warrant), Dee Snider (Twisted Sister) und Marco Hietala (Nightwish). Die vorab Single "Mystery of a blood red Rose" stellt zugleich auch den Einstieg ins Album dar. Der Opener überzeugt durch seine eher schlicht gehaltene Songstruktur und einem chorlastigen und zugleich einängigen Refrain, der einen sofort ins Ohr geht. Wer genau hinhört, kann sogar einige Meat Loaf-Elemente darin entdecken, was nicht weiter verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass Tobias ein großer Fan dieser Band ist und laut eigenen Aussagen auch genau das beabsichtigt hat. Tatsächlich klingt Tobis Gesang hier und da so garnicht so, wie man es von ihm gewohnt ist.
Diese Experimentierfreudigkeit wird sich hier zum ersten mal aufzeigen und sich durch das ganze Album ziehen. Außerdem wird Avantasia mit diesem Lied zum ersten Mal in der Geschichte am Vorentscheid für den Eurovision Song Contest am 25.2.2016 teilnehmen. Wir sind gespannt ... Während der Opener noch von Tobi Sammet alleine gesungen wird, kann schon der nächste Song die ersten namhaften Gastsänger aufweisen. Hier geben sich Jorn Lande (welcher durch einmaliges Aussetzen auf dem letzten Album endlich wieder dabei ist), Ronnie Atkins (welcher bereits bei "Mystery of Time" durch seine Gesangsleistung überzeugte) und Tobias abwechselnd das Mikro in die Hand. Ganze 12 Minuten und 10 Sekunden dauert das Lied - ohne dass auch nur ansatzweise Langeweile aufkommen würde. Mit den orchestralen Arrangements - welche sich als ein wesentliches Element auf dem gesamten Album erweisen werden - und den fetten Gitarrenriffs kommt der Song von Beginn an sehr bombastisch daher. Dazu Jorn´s rauher Gesang, der einem förmlich aus den Boxen entgegen röhrt, einer wunderbar melodischen Bridge, bei der schon alle Erwartungen erfüllt werden. Doch dann kommt da noch der Refrain, der sich von hinten anschleicht, wie ein überraschender Schlag auf den Hinterkopf trifft und einen wortwörtlich sprachlos zurück lässt und sich als einen richtig fiesen Ohrwurm herausstellt.
Den wird man noch tagelang danach im Kopf haben. Definitiv eins der großen Highlights auf dem Album! "The Haunting" setzt mit sanften Keyboardklängen ein und erinnert zu Beginn sehr stark "The Toy Master" vom Scarecrow-Album, welches damals von Alice Cooper eingesungen wurde oder auch an "Death is just a feeling" von der "Wicked Symphony"-Platte. Es scheint fast Tradition bei Mr. Sammet zu sein, mindestens einen düsteren, mysteriösen Song auf ein Avantasia Album zu packen. Und passend dazu wird das Lied von einer gewissen Person gesungen, die in der Geschichte schlicht als Nightmare betitelt wird und von keinem geringeren als Twisted Sister´s Dee Snider verkörpert wird. Insgesamt ein eher tragendes Stück, welches sich perfekt in die gespenstische Atmosphäre einfügt. Bevor der Schleier eben dieser düsteren Atmosphäre gehoben wird, verweilen wir mit "Seduction of Decay" zunächst noch ein wenig in dieser dramatischen Grundstimmung. 7 Minuten und 18 Sekunden lang stampfende Riffs und epische Refrains. Die ruhigeren orientalischen Passagen fügen sich perfekt in das Gesamtbild mit ein. So überzeugt das Stück durch seine verschiedenen Facetten und die gesangliche Leistung von Goeff Tate, der hier zeigt, was er kann und singt, als ob es kein Morgen gäbe.
Schließlich wird mit dem Titeltrack "Ghostlights" wieder an Fahrt aufgenommen. Und schon am Intro lässt sich erahnen, welcher Sänger uns nun begnen wird, erinnert der Anfang doch sehr stark an "Wastelands" vom "The Wicked Symphony" Album. Und tatsächlich schmettert uns Michael Kiske als Mystic seinen glockenklaren Gesang entgegen, der einen immer wieder aufs Neue fasziniert und sprachlos in der Ecke stehen lässt. Mit seinen 48 Jahren zählt er immer noch zu einer der besten Sängern in der Metal-Szene und beweist, dass er in all den Jahren nichts verlernt hat. Tatsächlich hat man das Gefühl, Kiske wird von Jahr zu Jahr besser und besser. Der Refrain ist wieder ein bombastischer Ohrwurm, den man am liebsten direkt mitschmettern würde. Immer wenn man glaubt, es geht nicht mehr höher auf der Leiter nach oben, setzt der Mann noch einen drauf. Auch Jorn darf hier kurz seinen Senf dazu geben und die Mischung aus der rauhen Gesangsröhre des Norwegers zusammen mit Kiske´s klarem Hochgesang verschmelzen zu einer traumhaften Kombination, die wie heiße Himbeeren auf kaltem Vanilleeis schmeckt. Das ist Power Metal at its best! Ein wenig aus der Reihe tanzt "Draconian Love". Herbie Langhans von Sinbreed singt hier ungewohnt tief. So tief, dass man zuerst ein wenig irritiert drein schaut und sich fragt: "Ist das noch Avantasia?" Denn tatsächlich erinnert der Song ein wenig an die finnische Band HIM. Die Nummer ist erfrischend anders, eher eine Gothic-Rock- denn Metalnummer , aber immerhin gab es so etwas bei Avantasia noch nie und somit kann man Tobis Kreativität nur himmelhoch loben, auch wenn man hier vielleicht nicht unbedingt jedermans Geschmack trifft. Es handelt sich hier eben nicht um den typischen Metalsong. Tobi´s Refrain und auch die Strophen sind sehr stark, das "Hey, Hey, Hey" von Herbie im Refrain lässt einen anfangs denken, man wäre im falschen Film gelandet, doch nach einigen Anläufen kann man sich selbst damit irgendwie anfreunden. "Master of the Pendulum" startet zunächst ruhig, entwickelt sich jedoch zu seinem knallharten Metal-Kracher. Hier verleiht Marco Hietala dem Watchmaker seine Stimme.
Als Bassist und eher "Teilzeit"-Sänger bei Nightwish wird Marco gesanglich doch sehr stark unterschätzt. Umso mehr freut man sich, dass seine Gesangsleistung endlich mal anerkannt wird und er unter so vielen bekannten Sängern seinen Platz auf diesem Album gefunden hat. Der Song glänzt durch seinen wirklich starken harmonischen Refrain, der wieder durch einen gewaltigen Chor unterstützt wird und tatsächlich etwas fröhlich daherkommt. Es erinnert musikalisch sehr an das "Imaginaerum" Album von Nightwish und würde sich tatsächlich perfekt darin mit einreihen. Das Lied wurde dem Finnen auf den Leib geschneidert und das hört man auch! Hier stimmt einfach alles. "Isle of Evermore" erweist sich als die wahre Ballade des Albums. Sehr ruhig und lediglich durch orchestralen Elementen unterstützt geben sich hier Sharon den Adel (Within Temptation) und Tobias Sammet das Mikro in die Hand. Ein Lied, dass perfekt zum dahinträumen ist, jedoch insgesamt eher eins der schwächeren Lieder des Albums ist (wobei mit "schwächer" keinesfalls schlecht gemeint ist). Mit einem wahnsinns fetten Riff setzt "Babylon Vampyres" ein. Hier dürfen sich die Gitarristen endlich mal so richtig austoben und mit Bruce Kulick (ex-KISS) haben sich Avantasia auch mal einen Gastgitarristen an Bord geholt (wobei er auf vorangegangenen Avantasia-Scheiben auch schon vertreten war). Eine flotte Nummer mit einem fetten Refrain, wuchtigen Gitarrenriffs und einem Robert Mason am Gesang. Für Gänsehaut sorgt das nächste Lied namens "Lucifer". Endlich darf Jorn auch mal ein ruhiges Lied singen und beweist hiermit, dass seine rauhe Hard-Rock Stimme durchaus auch mit Balladen Hand in Hand geht. Und gerade dieser Gesang kombiniert mit den ruhigen Keyboard Klängen schaffen eine Atmosphäre, die einem wortwörtlich einen kalten Schauer über den Rücken laufen lässt. Auch Tobias Sammet liefert hier eine super Gesangsleistung ab. Zur 2. Hälfte des Liedes entwickelt sich der Song schließlich zu einem satten Mid-Tempo Brecher, der einem fast wünschen lässt, noch länger in diesen Klängen zu verweilen. "Unchain the Light" ist wieder ein schneller Power Metal-Song mit Tobi, Ronnie Atkins und Michael Kiske am Gesang. Es handelt sich hierbei wieder um einen überaus starken Ohrwurm-Song mit extremer Suchtgefahr. Der Refrain wird dem Gangsgott Kiske überlassen, der wieder seine hohen Töne vom Feinsten abliefert und dabei von einem gewaltigen Stimmchor unterstützt wird. Unfassbar gut! Doch auch die eher ruhig gehaltenen Strophen, die ein wenig an die Band Pretty Maids erinnern, müssen sich nicht vor diesem beeindruckendem Refrain verstecken. Hier harmoniert einfach alles perfekt miteinander!
Einer darf natürlich auf einem Avantasia Album nicht fehlen und das ist ohne Frage Bob Catley. Als begeisterter Magnum Fan schafft es Mr. Sammet immer wieder dem Briten den perfekten Song auf den Leib zu schneidern. Und Bob hat eben diese Gabe, mit seiner Stimme aus jedem Lied eine Hymne zu zaubern. So entwickelt sich "A restless heart and obsidian skies" zu einem traumhaften Epos, das ebenso auf einem Magnum Album zu finden sein könnte. Wenn Catley singt, bringt er die ganze Welt um sich herum zum Schweigen. Sein Gesang legt sich wie ein Mantel um alles herum und man hat das Gefühl, für einen Moment höre die Welt auf sich zu drehen. Alles ist nur für diesen einen winzigen Augenblick vergeben und vergessen. Er hat einfach diese magische Stimme, die einen in seinen Bann zieht und einen lauschen lässt, wie er Geschichten von vergangenen Tagen erzählt. Der Song knistert einfach nur so vor Magie! Wer sich die Limited Edition von "Ghostlights" zugelegt hat, bekommt zusätzlich noch einen wunderschönen Song mit einem gewaltigen Gesangs-Aufgebot zu hören. "Wake up to the Moon" - gesungen von Tobi, Ronnie Atkins, Jorn Lande, Michael Kiske, Bob Catley und Robert Mason - erweist sich als eine wahre Perle. Ein paar Euro mehr investieren lohnt sich hier auf jedenfall! Ein Lied zum träumen, und ein würdiger Abschluss dieses grandiosen Meisterwerks.
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