VÖ: 01.04.2016
Label: Trisol Music Group
Autor: Kerbinator
Bewertung: 9 / 10
ASP, das ist in erster Linie Alexander Frank Spreng, ein Hesse, der dieses musikalische Projekt bereits Anfang des Jahrtausends aus der Taufe hob. Viele Longplayer,
Singles, EP's etc. erblickten seither das Licht der Welt und brachten ASP mit Laufe der Jahre immer mehr Resonanz und Relevanz in der Düster-Rock/Gothic Szene ein.
Etwas Neues haben ASP mit dem Zweiteiler „Verfallen“ erschaffen. Und zwar handelt es sich hier um die Zusammenarbeit des (der) Musiker(s) mit Kai Meyer, einem renommierten Fantasy-/Horrorautoren aus Deutschland, der schon mit vielen Romanen seit Ende der 80er die Lese-Szene bereichert und zu den kultigsten, weil besten seines Fachs zählt. Das mir vorliegende Werk von ASP ist der zweite Teil der Horror-Geschichte, welche gemeinsam von Bandprojekt und Autor erschaffen wurde. Unter dem Banner von Kai Meyer erschien „Verfallen“ als Kurzgeschichte, in dem es sich um das alte Hotel Astoria in Leipzig dreht, welches seit Mitte der Neunziger verlassen steht und dem Verfall gezeichnet wurde. Idealer Schauplatz für zwei Jugendliche, die aus einer rechtsgerückten Demo fliehen und eben dieses Hotel als Fluchtpunkt wählen. Das Hotel führt mittlerweile allerdings ein Eigenleben, was die beiden Protagonisten am eigenen Laib erfahren, je tiefer sie in die Abgründe des Hotels eindringen. Die Kurzgeschichte, welche die beiden „Verfallen“-Alben umrahmt soll Lesern zu Folge seinen Horror nicht aus Blut und Splatter, sondern mehr aus Vorstellungskraft und der Eigenart des Verfalls, sowie geisterhaften Begebenheiten und Vorfällen ziehen. Haare sollen hier eine nicht unerhebliche, eklige Rolle spielen. So weit, so gut.
Musikalisch liegen ASP, wie eingangs erwähnt, im Bereich düsteren Rocks mit vielen Elementen aus der Gothic-Szene, neuer deutscher Härte und progressiver Anmut. Folge 2: Fassaden beginnt mit „Fortsetzung folgt....2“. Logische Konsequenz, da der erste Teil der Geschichte mit „Fortsetzung folgt....1“ endete. Akkustische Gitarre und ein elegisch symphonischer Beginn leiten in die Geschichte ein, wobei die stets präsente Violine ein starkes Element im Sound von ASP einnimmt. Dadurch liegt der Song irgendwo zwischen Mittelalter- u. Gothic-Rock. Der Gesang ist stets klar und teilweise einen Hauch opernhaft.
„Bitte nicht stören ! (Intro)“ spinnt das Ganze weiter mit Pianoklängen, elegischer Violine und einem traurigen Thema. Darauf folgt bereits einer der Höhepunkte des Albums mit „Unwesentreiben“. Die Violine wird hier durch harte Gitarren ausgebremst, bleibt aber symphonisch und dramatisch in Aufbau und Refrain. Hier wird das lyrische Potential von Alexander Frank Spreng überdeutlich. Unglaublich, welche Texte der Junge aus seinen Gedanken zieht und wie nachvollziehbar die Geschichte trotz aller künstlerisch schreiberischer Finesse bleibt. Ein Genuss, sowohl der Musik als auch den Texten zu folgen.
„OdeM“ lässt danach härter und rockiger aufwarten. Flotte Bridge, markant mitsingbarer Refrain...alles in allem ein recht harter Song. Nach dieser harten düsteren Abfahrt kommt mit „Zwichentöne: Höhepunkt“ eine mit ruhigem Beginn folgende Akkustik Gitarrenballade gerade recht. Ein weiterer musikalischer Höhepunkt liefert „Das Kollektiv“. Ein flotter Song, der zudem mit Dudelsack-Klängen überzeugt. Auch hier rentiert sich, wie eigentlich bei allen Songs dieses Konzepts selbstverständlich, besonders ein Blick auf die Lyrics. Fantastisch, man kann es nicht anders sagen.
Man steuert dem Ende der Story zu, was „Hinter den Flammen“ klar aufzeigt. Es wird zunehmend dramatischer. Es ertönen Glocken, düstere tiefergestimmte Gitarren, selbst gutturaler Gesang wird der Spannung geschuldet eingebaut und die unheilvollen Lyrics tun ihr Übriges. Zwischendurch wird’s melodiöser und der mehrstimmige Refrain harmonisiert. Ein Düster-Epos, welches sehr abwechslungsreich auftrumpft und neben den immer wieder auftauchenden Glocken auch ein leicht sakrales Element beinhaltet.
Wieder gibt es Zwischentöne. „Abfall“ betitelt diesmal. Ein weiteres akkustisches Gitarrenzwischenspiel. Der Verfall nimmt immer mehr zu zwischen Pumpen, Knochen, Haaren in den Tiefen von Astoria. Das Unheil ist greifbar. Ein „Köder“ wird ausgelegt. Piano, progressive Klänge, Streicher-Einheiten lassen den Song rockig-poppig inszenieren.
Danach folgt mit „Ich lösche dein Licht“ und „Ich lösche dein Licht (Reprise)“ ein Aufbäumen der harten Töne. Rockige Passagen mit Gothic-Teilen mutieren zu einer tanzbaren Nummer inklusive mystischer Keyboardphasen. Zum Ende hin wird’s zunehmende hysterischer, dreckiger. „Reprise“ ist quasi die Fortsetzung. Gleicher Refrain, gleiche Rhythmen nur eine Spur abgefahrener noch.
Hat man sich mit dem Schicksal abgefunden ? Fast könnte man es meinen, wenn „Ich bringe dir nichts mehr“ erschallt. Eine tieftraurige Ballade, die etwas von Selbstaufgabe hat.
Ein Xylophon-Intro und harte Synth-Gitarren reißen den Hörer aus der Lethargie in Form vom „Umrissmann“. Sehr gute Gitarrenarbeit und Melodien, die nochmal der Geschichte Tribut zollen.
Das Finale setzt „SouveniReprise“ mit über 8 Minuten und mit melancholischem Einstieg und rockigem Refrain. Nicht ganz das Epos zum Schluß, aber ein würdiger Abgang.
ASP haben mit „Fassaden“ ihre ambitionierte Geschichte um das Hotel Astoria musikalisch hervorragend umgesetzt. Man spürt die Atmosphäre in jedem Song und die Band lässt den Hörer nicht einfach in Depression und Düsternis zurück. Nein, ASP verstehen es meisterhaft, Stimmungen zu erzeugen und fröhlichere, hoffnungsfrohe Passagen nehmen dem Horror oftmals seine Enge und somit dem Hörer seine düstere Grundhaltung.
Nicht zuletzt mit „Verfallen“ setzen sich ASP an die Spitze der Düster-Rock/Gothic-Szene und sind gerade im Bereich Songwriting ähnlich gearteten Bands weit voraus. Diverse Chart-Einstiege beweisen kurioserweise die Massentauglichkeit ihrer Alben, was vor allem an vielen sehr eingängigen Songs liegt, die sich auf fernab der Szene bravorös auf verschiedene Hörerschaften eignen. Beide, ASP und Kai Meyer haben sich gegenseitig einen Gefallen getan und man ist geneigt, den Autor nach dem musikalische Genuß von „Verfallen“ auch lesetechnisch anzutesten. Ich für meinen Teil werde dies tun und man kann gespannt sein, ob es auch in Zukunft weitere Projekte von Meyer und Spreng gibt. Wünschenswert wäre es. Hervorzuheben ist abschließend noch die tolle Aufmachung von „Verfallen Folge 2: Fassaden“ mit gleich 2 Booklets und vielen (alptraumhaften) Bildern.
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