VÖ: 12.10.2018
Label: Supreme Chaos Records
Autor: Kerbinator
Bewertung: 8,5/ 10
Sie leiden unter Schlafstörungen ? - Nun, dann wird das neuen Album „Grenzgänger“ der deutschen Blackmetaller Agrypnie sicherlich diese nicht heilen können. Denn was auf diesem Album mit über 70 Minuten Spielzeit passiert, hält absolut wach, rüttelt auf, verstört und fasziniert gleichzeitig.
Agrypnie gingen ursprünglich in Persona von Sänger/Songwriter Torsten aus Nocte Obducta hervor, in dem er verschiedene Musiker um sich scharrte, um nach dem Ableben der Band ein neues Projekt aus der Taufe zu heben. Drei Alben und eine EP gab's bisher und reichlich Besetzungswechsel auch, so daß man bei Agrypnie immer noch mehr vom Projekt des Torsten, als von einer Band sprechen kann. Im Prinzip hat er zusammen mit Drummer Moe das Album fast im Alleingang eingepielt, zeichnet er doch neben Gesang und Songwriting auch noch für Gitarre und Bass verantwortlich. Unterstützt werden die beiden allerdings von zahlreichen Künstlern wie beispielsweise Eviga (Dornenreich) im Song „Aus Zeit erhebt sich Ewigkeit“ oder J.J. (Harakiri For The Sky) bei „Die längste Nacht“.
Gleichzeitig mit „Grenzgänger“ wird auch noch ein Album mit Namen „Pavor Nocturnus“ veröffentlicht, welches das Label unbedingt als Einheit mit dem Hauptwerk und quasi als Doppel-Album anpreist. Doch besteht dieses zweite Album aus der ersten Veröffentlichung von Agrypnie (Split-Album mit Fated), diversen Neu-Einspielungen und orchestralen Umsetzungen alter Songs.
Daher konzentrieren wir uns hauptsächlich auf „Grenzgänger“ und hier wird der geneigte Fan bereits mehr als umfassend bedient.
Ungewohnt und gewöhnungsbedürftig ist sicher der deutsche Gesang von Torsten, der aggressiv und heiser durchaus immer verständlich rüberkommt. Hat man sich erst einmal daran gewöhnt, merkt man, wie gut dieser Gesang zur Musik passt und welches gewisse Etwas die deutschen Texte den oppulenten Kompositionen verleiht. Musikalisch kann man von der Mischung aus kalten Blackmetalpassagen und epochalen Melodien nur begeistert sein. Ohne daß man hier mit Soundüberfrachtung arbeitet, sondern alles durch tolle Gitarrenharmonien und „leichte“ Keyboards erzeugt.
Kurzes Intro („Auferstehung“) und schon geht’s ab „In die Tiefe“. Es kracht und scheppert, Black-Blasts donnern schnell durch die Dunkelheit, nur um im nächsten Augenblick mit tollen Melodien Gänsehaut zu erzeugen und dem harschen, anklagenden Gesang von Torsten entgegenzuwirken. Die Songs sind meist recht lang, ohne jegliche Längen. Kommt der Opener und auch das folgende „Aus Zeit erhebt sich Ewigkeit“ noch mit knapp über 7 Minuten über die Ziellinie, zeigt „Nychthemeron“ mit über 11 Minuten zu was Longtracks fähig sein können.
Einzelne Tracks herauszuheben ist schwierig, man muß das Album als Ganzes sehen und die dunkle Atmosphäre im Gesamten genießen. Harte Gitarrenrhythmen erinnern mal an die Labelkollegen von Vyre, die hervorragenden Gänsehautmomente an Bands wie Insomnium. Durchaus driften Agrypnie auch mal in Dark Rock / Gothic Sphären ab, ohne dies allerdings ausufern zu lassen. Prinzipiell bleiben alle Songs im atmosphärischen Black Metal Bereich. Wenn man erhabene Songs wie „Grenzgänger“ oder das tieftraurige, dunkle „Zu Grabe“ hört, erstarrt man entweder ob der Schwarzmetall-Faszination oder man kann kaum die nächste ergreifende Passage erwarten.
„Grenzgänger“ ist sicher sehr schwer zu toppen in diesem Bereich und das Label spricht zu Recht vom Magnus Opus der Band. Die über 70 minütige Beilage „Pavor Nocturnus“ sollte man meiner Meinung nach separat betrachten. Zwar passen die ersten drei Songs „Veritas Mutabilis“, „Pavor Nocturnus“ und „Agrypnie“ stilistisch zu „Grenzgänger“, wirken aber noch nicht ganz so ausgereift. Gleich fünf Songs sind auf diesem zweiten Album rein symphonisch instrumental gehalten, was sie dann doch vom restlichen Material abgrenzt und als Zugabe zwar ok ist, aber nicht wirklich sein muß. Fantastisch dagegen die elektronische Gänsehautnummer „Neon“, die gesanglich von M.J.B. (Todtgelichter) so effektvoll und balladesk inszeniert wird, daß es einem wahrlich heiß und kalt den Rücken runterläuft. Welch Emotionen...
Also, „Grenzgänger“ ist ein einfach nur fantastisches (Black Metal) Werk, daß dunkle, düstere Vorgaben ins rechte Licht setzt. Torsten ist kompositorisch Außergewöhnliches gelungen, den deutschen Gesang muß man sich allerdings erarbeiten, damit dieser für einen funktioniert. Für mich spielen Agypnie mit diesem Album fast auf der gleichen Wellenlänge wie die Kollegen von Vyre. Obwohl diese noch knapp die Nase vorn haben.
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