OYSTERBAND - Live 2017

Location:  Colos Saal Aschaffenburg

am:  23.10.2017

 

Früher nannte man sie die bösen Buben des Folk und der ein oder andere hätte es wohl gerne gesehen, wenn die Oysterband und die Levellers sich tatsächlich um diese zweifelhafte Ehre gebattlet hätten. Dabei sind sie doch wirklich pflegeleicht, die Mannen aus Themse Liesl's Königreich. Und die sozialkritischen Inhalte mancher ihrer Songs - geschenkt. 2017 feiern sie nun ihr 40. Jubiläum - Forty Years on the road hieß es daher auch am 23. Oktober im Colos Saal Aschaffenburg.

 

Der Termin im Rossmarkt war der sechste und somit letzte im Rahmen der Deutschland Tour und neben Orten im Norden und Westen der Republik der einzige in Süddeutschland. Wohl auch deshalb war ein Teil der 170 Zuschauer, was für einen Montag eine ordentliche Kulisse darstellt, aus dem Rheingau, aus Bamberg oder von der südlichen Weinstraße angereist. Im Auditorium des Colos Saal fand man diesmal nicht nur Bistro Tische, sondern auch Barhocker. Dadurch erschien die Menge größer als sie letztlich tatsächlich war, doch waren schließlich alle Seiten, also Band und Venue, mit den 170 Zahlenden zufrieden.

 

Um Punkt 20 Uhr kamen die sechs Musiker auf die Bühne. Die drei "Altstars" John Jones (Leadvocals, Melodeon), Alan Prosser (Guitars, Vocals) und Ian Telfer (Violin, Concertina, Vocals) postierten sich in vorderster Front, während sich Bassist Al Scott, der seit vielen Jahren als Produzent und seit einigen Jahren auch als Musiker der Oysterband zur Seite steht, sowie die beiden "Neuen", Cellist Adrian Oxaal und Drummer Pete Flood die zweite Reihe teilten. Was nicht heißt, dass sie im Laufe des Abends nicht auch mal etwas mehr im Rampenlicht stehen würden.

 

1993 erschien das Album "Holy Bandits", welches für die Oysterband als bahnbrechend gilt. Darum hatte man sich entschieden, dieses Werk zum 40. in Gänze aufzuführen. "Holy Bandits" enthält tatsächlich überdurchschnittlich viele Klassiker, die Folkies mit dem Namen Oysterband in Vebindung bringen. Ein Blick auf die Setlist verdeutlicht dies. Nach dem Opener Doppel "When I'm Up (I Can't Get Down)" und "The Road To Santiago", zwei Up Tempo Nummern, hatte der Insel - Sechser die Menschen im Publikum bereits auf seine Seite gezogen. Allerdings hatte ich auch den Eindruck, dass wohl kaum jemand da war, für den die Oysterband Neuland darstellte. Da standen lauter Kenner vor der Bühne. Auch für den Rock Castle Reporter stellte Aschaffenburg den mittlerweile achten Oysterband Gig innerhalb der letzten Dekade dar.

 

Die Oysterband als englische Gruppe zu bezeichnen, wäre nicht fair, denn John Jones ist Waliser und Ian Telfer Schotte. Letzterer übernimmt hin und wieder mal eine Anmoderation, welches aufgrund seines trockenen schottischen Humors eine Reihe von Lachern im Publikum hervor ruft. Ebenso sein Hinweis auf den "expensive nonsens", den man am Merch Stand bereit hält. Ob das Geschirrtuch im aktuellen Design der 40th Anniversary Tour auch damit gemeint war?

 

Erst mit der achten Nummer im Programm, "Rambling Irishman", schaltete man mal einen Gang zurück, hier glänzten die "Hinterbänkler" Al Scott an einer gestrichenen Trommel und Pete Flood mit einer Art Bodhran. Nachdem er dabei mal nicht hinter seinem Drumkit saß, konnten zumindest die Fans in den ersten Reihen sehen, dass er während des Auftritts auf Schuhe verzichtete und stattdessen Ringelsocken präsentierte. Irgendwie sympathisch.

 

Nach rund 54 Minuten beendete die Gruppe ihr erstes Set, nachdem alle elf Titel von "Holy Bandits" abgehandelt waren. Es folgte eine gut 20 minütige Pause, ehe die Sechs mit dem angekündigten "Best of Best of" Set zum zweiten Teil der Show erneut auf die Bühne kamen. Neben zahlreichen Klassikern wie "Native Son", "By Northern Light", "On The Edge" oder "Everywhere I Go" schafften es zwei Songs jüngeren Datums auf diesen Teil der Setlist: "A River Runs" mit seinem eingängigen Refrain (doch welcher Song der Gruppe verfügt nicht über einen solchen?) und "My Country Too", welches wiederum von Telfer, diesmal eher tragikomisch, anmoderiert wurde. Der Song hat die Flüchtlingsproblematik zum Thema und Telfer meinte, er habe den Text an einem Tag geschrieben, an welchem er "pretty angry" gewesen sei, weil die Menschen, die ihr Land zurück forderten, eigentlich das 19. Jahrhundert zurück haben und die Frauen wieder in die Küchen zurück schicken möchten.

 

Ein emotionales Highlight war natürlich die "stripped down" Version von "Oxford Girl", welches auch schon über 30 Jahre auf dem Buckel hat und lediglich von Alan Prosser auf der Akustik Gitarre zum Harmonie Gesang der Herren Jones und Scott begleitet wurde. Fehlen durfte natürlich auch John Jones' Performance im Auditorium bei "Year Of The Flood" nicht. Der Streifzug durch vier Dekaden Oysterband (Telfer: "Some people ask us, how to keep up a career for forty years? Simple, we answer. Just a find a woman with a good job, who earns money enough") dauerte nicht ganz eine Stunde, ehe die Herren die Bühne verließen. Selbstverständlich nicht, ohne noch einmal für einen Dreierpack Zugaben zurück zu kommen. Dieser bestand zunächst aus "Where The World Divides" (gerne auch als "Meet You There" bezeichnet) und "We Could Leave Right Now", bevor das elegisch - faszinierende "Put Out The Lights", der unverwüstliche Rausschmeißer, das Set um kurz nach halb Elf und einer Netto Spielzeit von zwei Stunden und 5 Minuten beendete.

 

40 Jahre Oysterband - es war ein klasse Gig, den die Oysterband ihren Fans bot. Hoffentlich bleiben die Jungs noch einige Zeit zusammen. Runrig zum Beispiel machen ja 2018 nach 45 Jahren Schluß.

 

Aus dem Colos Saal berichtete MC Lucius 


 

Fotos:  MC LUCIUS



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