Location: Hessenhalle Giessen
am: 07.10.2017
Der Festivalgänger anno 2017 ist arg Leid geplagt. Starkregen, Blitz und Donner, Unter- oder gar Abbrüche des restlichen Festivals bei den beliebten Open Air Events im Sommer. Da kommt der Herbst gar nicht so ungelegen, denn das Konzertbüro Rehwald aus Bad Homburg v.d.H. hatte für den 7. Oktober ein Indoor Festival im hessischen Gießen angesetzt. Zum allerersten Mal ging das Metal Crash über der eigens in der Halle 4 der Messehallen installierten Bühne. Am Start waren sechs Bands der deutschen Metal Szene. Als Highlight gab es eine Double Headline Show zweier schwäbischer Top Acts. Doch der Reihe nach.
Bereits um kurz nach 15:30 Uhr öffneten sich die Tore zur Halle 4, um den ersten Gästen, die sich das volle Programm ansehen wollten, Einlaß zu gewähren. Es hatte auch schon wieder leicht zu regnen begonnen, doch Metalheads sind ja für gewöhnlich mit Hoodies ausgerüstet, deren Kapuzen vor dem Ärgsten schützen. Dennoch war man froh, dass es jetzt bald losgehen würde. Denn den ersten Slot hatten Mercury Falling bereits für 16:10 Uhr bekommen. Die Truppe aus Fulda, die in diesem Jahr auf eine 20 jährige Karriere zurückblicken kann, war auch gleich auf Betriebstemperatur und schaffte es, den Funken auf die bereits jetzt gut 200 Nackenbrecher überspringen zu lassen. Ihr, wie sie ihn selbst nennen, Dark Melodic Metal heizte den Herrschaften vor der Bühne ordentlich ein. Dazu wurde schonmal der von vielen Fans dem 0,3 Liter Becher vorgezogene Ein Liter Humpen mit Gerstensaft geleert. Neun Euro für "die Mass" darf als fairer Preis bezeichnet werden. Wobei noch erwähnt werden sollte, daß es bereits um diese Zeit sehr dunkel in der Halle war und die Orientierung im Bezug auf Getränkelisten und Preise zuerst etwas schwer fiel. Um 16:40 Uhr war dann Schluss für den Opener, sie machten somit der ersten von insgesamt drei Bands aus dem "Muschterländle" Platz.
Die erst 2016 gegründeten SpiteFuel aus Heilbronn stürmten um 17:00 Uhr raus auf die Bühne. Natürlich hatten sie in erster Linie die Songs ihres Erstlings "Second To None" im Gepäck, doch die Truppe um den agilen Fronter Stefan Zörner hat sich ja auch aus Restbeständen von "Strangelet" formiert und so fanden auch drei Stücke der quasi Vorgänger Formation den Weg in die Setlist (überragend hier nach wie vor "Privilege Of Power"). Wie schon bei Mercury Falling fiel auch hier auf, dass die Band sich bereits eine feste Fan Base erspielt hat, wovon zahlreiche entsprechende T Shirts im Publikum zeugten. Selbst aus dem niedersächsischen Hildesheim war eine Horde von sechs SpiteFuel Freaks, die in der selben Bleibe wie das dynamische Rock Castle Franken Duo nächtigten, nach Mittelhessen angereist, um den Heavy Metal ihrer Lieblings Band abzufeiern. Nach dem angeblich letzten Song fragte Zörner in die Runde, ob sie noch eine Zugabe spielen dürften, und bevor irgendjemand auch nur irgendetwas hätte sagen können, feuerten sie auch schon Motörhead's unverwüstliche Signature Nummer "Ace Of Spades" ins Publikum, welches ständig anwuchs. Nach einer kurzweiligen dreiviertel Stunde hatten SpiteFuel um 17:45 Uhr ihr Tagwerk vollbracht.
Um 18:00 Uhr läutete die Stunde der local heroes von Rebellion. Die aus dem Gießener Umland stammende Formation, die einst von Uwe Lulis und Tomi Göttlich nach deren Demission bei Grave Digger gegründet wurde, beschäftigt sich inhaltlich mit Kriege(r)n, alten Völkern und Heldensagen. Dabei erinnern sie schon an die Totengräber, wissen ihrer Musik aber dennoch eine ganz eigene Note zu verpassen. Ihre seit 2002 auf sieben Langeisen und einer EP veröffentlichten Tribute an Wikinger, Schotten oder Norweger sind geprägt von leicht mitsingbaren Refrains, was sich im Live Kontext natürlich schnell bezahlt macht. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch sie es schafften, mit ihrem Fantasy Metal die Meute zu begeistern und zum Mitmachen / singen anzuregen. Dennoch soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass es mit dem Sound in der Halle nicht immer zum Besten bestellt war. Der ein oder andere Sänger schien dann doch etwas zu leise abgemischt zu sein. An der Halle konnte das nicht liegen, eventuell eher an den fehlenden eigenen Mischern, die mit der eigenen Musik vertraut sind. Mit dem Ende von Rebellion um 18:45 Uhr war der erste Teil des Festivals geschafft, wobei die noch auftretenden Bands allerdings natürlich mehr Spielzeit zugestanden bekommen hatten.
Um 19:20 Uhr war es dann Zeit für Mystic Prophecy, die als einzige Band an diesem Tag mit der Bassistin eine Frau im Line Up hatten. Die War Brigade mischt die Szene mit ihrem an Bands wie Judas Priest oder Accept erinnernden Heavy Metal bereits seit Beginn des Jahrtausends auf. Mit zwischenzeitlich neun Releases gehört man zu den Fleißigen im Lande und hat somit natürlich eine breite Basis für eine aussagekräftige Setlist. Auch in Gießen zimmerten sie ein Brett, welches die Headbanger gerne bohrten. Und Sänger Lia trat stilecht wie so oft mit Cowboyhut in Erscheinung. Ihr Slot war so etwas wie die Vorstufe zu den Highlights, die sich Chef Organisator Michael Rehwald hatte einfallen lassen. Die Stimmung in der schummrig beleuchteten Halle war längst auf dem high Level angekommen. Aber auch vor der Halle, wo wie üblich die Raucher ihr Refugium hatten, oder auch im Bereich vor den Toiletten, wo sich - warum auch immer - ja auch bei sonstigen Events gerne Menschen - verbal - austauschen, traf man sich zum Small Talk mit Fans und Musikern. Unter anderem wurde dort auch Odium Sänger Ralf Runkel mehrfach gesichtet, dessen Band zwar in Gießen keinen Gig hatte, der sich aber als Gast unter die Menge gemischt hatte. Auch Mitglieder von DuesterLust hatten den Weg hierher gefunden. Apropos Menge: Am Ende dürften gut 700 Fans da gewesen sein. Laut dem Veranstalter hätten es aber gerne noch ein - bis zweihundert mehr sein dürfen. Die Kapazität der Halle hätte das auch noch hergegeben, doch so konnte man sich zumindest relativ frei hin und herbewegen, ohne sich drängeln zu müssen. Ach ja, Mystic Prophecy: die hatten bis 20:30 Uhr ganze Arbeit geleistet und das Feld für den ersten Headliner bestellt.
Um 21:00 Uhr schlug die Stunde der immer noch jungen schwäbischen Stahl Schmiede Kissin' Dynamite. Seit ich die Truppe um Hannes Braun (der vielleicht mal etwas an seiner Frisur feilen sollte )vor sechs Jahren im Vorprogramm von Edguy zum ersten Mal on stage gesehen hatte, haben sie sich zu einer der führenden Live Bands des Landes entwickelt, wie ich u.a. auch beim Out & Loud 2016 in Geiselwind anerkennend zur Kenntnis genommen hatte. Ihre sleazigen Songs entpuppen sich schnell als Ohrwürmer und ihr Stage Acting lässt keine Wünsche offen. Die vielen Gigs, die man in den letzten Jahren absolviert hat, zahlen sich hier aus. Nicht wenige Stimmen, die man vernahm, hätten die Stuttgarter Kita gerne als sechsten und damit letzten Act gesehen. Dass ihr Name allerdings neben dem des anderen Headliners in gleicher Größe auf den Plakaten stand, zeugt von der Wertschätzung gegenüber Kissin' Dynamite, die ihr Set souverän bis 22:30 Uhr durchzogen. Die Jungs wirkten total ausgepowert und so etwas honoriert man als Zuschauer gerne.
Und jener andere Headliner war dann eben Primal Fear. Schwaben Power zum dritten in der hessischen Universitätsstadt. Vielleicht hatte man ihnen auch darum den letzten 90 Minuten Slot ab 23:00 Uhr zugestanden, weil sie eben schon so lange für ehrlichen, grundsoliden Metal made in Germany stehen. Ralf Scheepers gehört zweifellos zu den besten Shoutern im Lande und das restliche LineUp mit den Axtschwingern Alex Beyrodt und Tom Naumann sowie der Rhythmus Abteilung mit Mat Sinner (b) und Francesco Jovino (d) ist durch unzählige Live Schlachten gestählt. In Gießen boten sie ein Best of Set ihrer inzwischen auch bereits 20 Jahre andauernden Karriere, welches eine Reihe von immer gern gehörten - mittlerweile zurecht so genannten - Klassikern bot ("Angel in Black", "Seven Seals"). Eine Band mit diesem Back Katalog und einer energiegeladenen Live Performance ist natürlich immer ein Fixpunkt im Billing eines Festivals. Das zeigten sie auch in Gießen eindrucksvoll. Metal Is Forever - im wahrsten Sinne des Wortes. Das Metal Crash hat seine Feuertaufe also bestanden. Dass da auch noch Luft nach oben ist, versteht sich von selbst. So wäre ein zweiter Getränke Ausschank in der Halle für die nächste Ausgabe sicher ein Gedanke über den nachzudenken sich lohnen würde. Draußen vor der Halle stand ein Imbißwagen, oh Pardon: Food Truck heißt das ja heutzutage, eines lokalen Metzgers, dessen Angebot sich als schmackhaft erwies. Doch auch hier könnte man vielleicht durch die Hinzunahme eines weiteren Gastro Dienstleisters für etwas mehr Auswahl sorgen. Alles in Allem hat sich die Arbeit des am Veranstaltungstag ständig unter Strom stehenden Michael Rehwald und seiner Crew aber positiv in Szene gesetzt, so dass man sich schon jetzt auf die hoffentlich 2018 anstehende zweite Runde des Metal Crash Festivals freuen darf.
Aus dem Pit berichteten MC Lucius und Kerbinator
Fotos: Team Metal Werner